Die Fan Zone in Hamburg, die im Rahmen der UEFA EURO 2024 stattfand, zielte darauf ab, Fußballbegeisterten aus verschiedenen Nationen und Hintergründen einen Ort der Begegnung zu bieten. Auf der Fan Zone trafen sich eine Vielzahl von individuellen Menschen und Fans aus unterschiedlichen Nationen, mit verschiedenen Vorlieben, Vereinen, gesellschaftlichen Positionierungen, vielfältigen Erfahrungen und Meinungen.
Problematik
Die Nutzung von Einweg verursacht bei Veranstaltungen hohe Müllaufkommen, eine effektive Abfalltrennung ist kaum möglich.
Viele Standbetreiber:innen nutzen bei Veranstaltungen jedoch Einwegverpackungen, da sie wirtschaftlich und logistisch einfacher zu handhaben scheinen – und die ausschließliche Nutzung von Mehrweg (noch) nicht gesetzlich verpflichtend ist. Die Anschaffung und Lagerung von Mehrwegbehältern, die Organisation des Spülvorgangs sowie eine geeignete Rückgabelogistik bedeuten zusätzlichen Aufwand – insbesondere für kleinere Standbetreiber:innen.
Zudem hat das internationale Publikum einer Veranstaltung wie der Fan Zone Hamburg unterschiedliche Wissensstände und Erfahrungen, die Kommunikation zu einem Mehrwegsystem ist demnach personalintensiv und muss mehrsprachig erfolgen.
Lösungsansatz
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wurde ein verbindliches Nachhaltigkeitskonzept für die Fan Zone entwickelt. Herzstück war die Verpflichtung zu Mehrweg in Kombination mit dem Angebot eines übergreifenden Mehrwegsystems, das allen Standbetreiber:innen zur Verfügung gestellt wurde. Alternativ konnte auf ein eigenes System zurückgegriffen werden, wenn gewünscht. Speisen konnten zudem auf unbeschichtetem Papier angeboten werden, weil dies eine abfallarme Alternative darstellt.
Das städtische Interesse gilt nachhaltigen Maßnahmen und Veranstaltungen. Daher waren Ideen der Kreislaufwirtschaft bereits in der Ausschreibung festgelegt und die Umweltbehörde (BUKEA) unterstützte das System organisatorisch, der Austausch zwischen Verwaltung und der bergmanngruppe begann in einer frühen Prozessohase und fand regelmäßig statt.
Gegenüber den Standbetreiber:innen wurde die Mehrwegpflicht vertraglich festgehalten. Den Unterlagen lag eine Broschüre mit Mehrweginformationen bei. Im Vorfeld der Veranstaltung fand zudem ein Runder Tisch statt, um die Standbetreibenden frühzeitig in den Prozess einzubinden. In dem Online-Termin wurden zum Beispiel Fragen zu den Anforderungen an Behältnisse geklärt. Über ein interaktives Planungstool konnten die Bedarfe im Vorfeld angegeben und die Kosten transparent kommuniziert werden. Das System wurde zentral von der Nachhaltigkeitsbeauftragten der bergmanngruppe gesteuert, um den logistischen Aufwand möglichst gering zu halten.

Für das vielfältige Speisenangebot wurden verschiedene Behältnisse der FAIRPLATE Mehrwegsysteme GmbH (Sustable) genutzt. Um die Standbetreibenden bei der kostenintensiveren Preisgestaltung des Systems, inklusive Behältnissen, Rücknahmeoptionen, Spül- und Verteilungslogistik, nicht stärker zu belasten als bei den Kosten für Einweg, wurden die Behältnisse subventioniert.
Die Behältnisse konnten direkt am Stand wieder abgegeben werden, zudem erleichterte eine zentral gelegene, gut ausgeschilderte Rückgabestation auf dem Veranstaltungsgelände den Rücklauf aller auf der Fläche genutzten Behältnisse. Dazu war die Kommunikation integraler Bestandteil des Konzepts: Besucher:innen wurden über digitale Screens, die offizielle Website und Hinweisschilder über das Mehrwegsystem informiert – verständlich und mehrsprachig. Weiter gab es auf der Fläche Green Volunteers, also Freiwillige, die über die Maßnahmen aufklärten.
Das Rückgabesystem wurde so gestaltet, dass es für alle Beteiligten, Gäste wie Standbetreiber:innen, einfach nutzbar war. Es wurde sich für eine analoge, unkomplizierte Rücknahme ohne Registrierung entschieden. Die Pfangebühr wurde abgeglichen mit dem im Falle des Verlusts benötigten Wiederbeschaffungswert und belief sich auf drei Euro für Speisen und zwei Euro für Getränke.
Herausforderung
Die Auswahl des passenden Mehrwegangebots war gesprächs- und rechercheintensiv, da viele Anbieter:innen eine Veranstaltung dieser Größenordnung noch nicht ausstatten können.
Um keine sprachlichen oder technologischen Barrieren aufzubauen, wurde eine App-basierte Lösung zur Rücknahme von Beginn an ausgeschlossen. Allerdings zeigte sich, dass die zunächst einfachere Rücknahme der Behältnisse mit Bargeld und ohne Token (beigegebene Abgabemarke) professionelles Pfandsammeln begünstigte. Behältnisse wurden gestohlen oder die Herausgabe wurde erdrängelt. Mit der Einführung von Tokens bei der Ausgabe konnte das Problem gelöst werden.
Obwohl das System verpflichtend war, zeigten sich dort, wo die Kontrolle fehlte, gelegentlich Schlupflöcher. Standbetreiber:innen griffen in Einzelfällen wieder auf Einweg zurück – oder adaptierten ihr Angebot von Beginn an so, dass sie Speisen ausschließlich auf Papier ausgeben konnten: Ein Rückschlag für Mehrweg – aber noch immer eine Abfallreduktion.
Bilanz
Trotz der genannten Herausforderungen fällt die Bilanz insgesamt positiv aus. Über die gesamte Veranstaltungsdauer hinweg konnten rund 384.000 Einwegbecher und 30.000 Einweg-Speisebehälter eingespart werden. Die Standbetreiber:innen akzeptierten das Mehrwegsystem weitgehend, auch weil die Umsetzung praktikabel und gut vorbereitet war.
Die Verteilungslogistik für angeforderte Mehrwegbehältnisse lief aufgrund der guten Planung und einem zentralen Spülanbieter ohne Engpässe. Spülung und Anlieferung erfolgten mehrfach täglich.
Die meisten Behältnisse wurden direkt im Anschluss an den Verbrauch am Stand zurückgegeben. Die zentrale Rückgabestation wurde von den Besucher:innen gut angenommen und sorgte dafür, dass Behältnisse vor allem kurz vor Schießzeit der Veranstaltungsfläche und zu Stoßzeiten effizient zurückgeführt und wiederverwendet werden konnten. Das Müllaufkommen auf der Fläche wurde sichtbar reduziert.
Dennoch wurde deutlich: Ein ganzheitliches Mehrwegsystem ist aufwendig und kostenintensiv. Es benötigt eine lange Vorbereitungszeit und muss im Vorfeld vertraglich sauber geregelt sein, um verbindlich zu wirken. Insbesondere bei Veranstaltungen ohne Eintritt ist eine Finanzierung aus privatwirtschafltichen Mitteln kaum realistisch.
Vision
Die Fan Zone Hamburg hat gezeigt, dass ein funktionierendes Mehrwegsystem bei Großveranstaltungen möglich ist – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Zukünftig können klarere gesetzliche Vorgaben und ihre konsequente Durchsetzung – etwa bei der seit 2023 geltenden Mehrwegangebotspflicht – die Akzeptanz und Umsetzung weiter fördern. Auch der Hamburger Beschaffungsleitfaden schließt den Einsatz von Einweg im Take Away-Bereich bereits aus. Darüber hinaus wäre die Verabschiedung eines Mehrweggebots für öffentliche (Groß-)Veranstaltungen wünschenswert. Das Verbot von Einwegkunststoffen sollte auf die weit verbreiteten und bisher noch zugelassenen Wegwerfbecher aus rohölbasierten Kunststoffen Polyethylenterephtalat (PET), Polypropylen (PP) und Polystyrol (PS) ausgeweitet werden.
Beratungsangebote und pragmatisch gewählte Anreize (Nudges) können die Mehrweg- Nutzungsraten erhöhen.
Wichtig ist vor allem der kontinuierliche Austausch mit allen Beteiligten – von Standbetreiber:innen über Behörden bis zu Mehrweganbietern. Nur so kann ein System entstehen, das tatsächlich praktikabel, nachhaltig und wirtschaftlich ist.
Umgesetzte Kriterien mit dieser Maßnahme:
- 7.4.1. Mehrweggeschirr
- 7.4.6. Einhaltung der Einwegkunststoffverordnung
- 9.2.1. Kommunikation mit Besucher:innen
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