Refuse, Reuse, Recycle – Neue Wege zur Kreislauffähigkeit
Teil 1: „Mehrweg for future“

In unserer neuen Reihe „Refuse, Reuse, Recycle – Neue Wege zur Kreislauffähigkeit“ möchten wir euch neue Ansätze zum Umgang mit bzw. zur Vermeindung von Abfall vorstellen. Müll ist nicht gleich Müll und es gibt viele Möglichkeiten, besser damit umzugehen als wir es momentan tun. Wir widmen uns hier verschiedenen Problematiken…

In unserer neuen Reihe „Refuse, Reuse, Recycle – Neue Wege zur Kreislauffähigkeit“ möchten wir euch neue Ansätze zum Umgang mit bzw. zur Vermeindung von Abfall vorstellen. Müll ist nicht gleich Müll und es gibt viele Möglichkeiten, besser damit umzugehen als wir es momentan tun. Wir widmen uns hier verschiedenen Problematiken und Herangehensweisen und beginnen heute im Teil 1 „Mehrweg for future“ mit den Ergebnissen der 1. Deutschen Mehrwegkonferenz.

Nach wie vor ist Deutschland in Sachen Verpackungsabfall trauriger Spitzenreiter in Europa. 227kg pro Jahr und Einwohner:in fallen hierzulande an. Und das Erschreckende ist: trotz hoher medialer Aufmerksamkeit des Abfallproblems und dem Wunsch von Bürger:innen nach weniger Müll, steigt der Verpackungsabfall nach wie vor an. Ein Trend, den die Corona-Pandemie nochmal verstärkt hat – im März 2020 lag das Abfallaufkommen 11% über dem Durchschnittswert. Eine Studie des Lebensmittelverband Deutschland e.V., die besagt, dass von Kund:innen mitgebrachte Mehrwegsysteme trotz Corona-Hygienevorschriften genutzt werden können, ist noch zu wenigen Menschen bekannt.

Auch im Green Events Netzwerk machen wir die Erfahrung, dass Abfallreduktion und optimiertes Abfallmanagement Top-Themen für nachhaltige Veranstaltungen sind – und das meinen sowohl Besucher:innen als auch Veranstaltende. Eigentlich eine gute Ausgangslage für strukturelle Veränderungen in Richtung Mehrweg, denn „der beste Abfall ist der, der gar nicht erst anfällt“(Janez Potocnik, ehemaliger EU-Umweltkommissar). Doch was sind die Ursachen dafür, dass wir vom dem guten, aber leider völlig unverbindlichem Ziel des Deutschen Verpackungsgesetzes „70% Mehrweganteil“ mit aktuellen 41% noch meilenweit entfernt sind? „Zu komplizierte Systeme, zu wenig Informationen und zu wenig Anreize und Sanktionen“, war das Fazit von Mehrweg-Expertinnen auf der „1. Deutschen Mehrweg-Konferenz“.

Die digitale Konferenz wurde am 27.10. von der Deutschen Umwelthilfe e.V. veranstaltet. Unter dem Motto „Mehrweg for future“ diskutierten hier Vertreter:innen aus Bundespolitik und Kommunen, sowie Anbieter:innen von verschiedenen Mehrweglösungen. Zugeschaltet waren über 5 Stunden Veranstaltungszeit an die 150 Teilnehmende, viele stellvertretend für unterschiedliche Verbände und Initiativen aus dem ganzen Bundesgebiet.

Der Fokus der Veranstaltung lag auf Mehrwegsystemen im Getränkesegment. Es ist heute so einfach wie nie zuvor, Getränke in Mehrwegflaschen in den Handelskreislauf zu bringen. Nichtsdestotrotz verzeichnet ein Teil der deutschen Discounter aktuell eine Mehrwegquote von sage und schreibe 0%. Kontraproduktiv ist auch, dass viele Hersteller auf eigene Flaschen setzen. Aktuell gibt es – je nach Quelle – zwischen 850 und 1500 unterschiedliche Getränke-Mehrwegverpackungen in Deutschland, die entsprechend in eigenen Systemen recycelt werden müssen und dabei zum Teil sehr weite Wege zurücklegen. Hohe Umlaufzahlen und kurze Transportwege sind aber der Schlüssel für ökologisch sinnvolle Kreisläufe und Produkt-Ökobilanzen, die den Mehrweggegner:innen die letzte Argumentationsgrundlage entziehen. Denn die Produktionsbedingungen in den Vorketten sind laut Lisa Rödig vom Ökopol Institut zu vernachlässigen, denn i.d.R. haben sich die Umweltbelastungen bereits nach 10-20 Umläufen der Mehrweg-Systeme amortisiert.

Einen konsequenten Schritt geht die Stadt Tübingen. Der Bürgermeister Boris Palmer erhält viel Aufmerksamkeit für den gefassten Beschluss, ab 2022 konsequent auf alle Einweg-To-Go-Verpackungen eine Abgabe von 50Cent einzuführen. Er berichtet von einer zunehmenden Vermüllung der Stadt und steigenden Entsorgungskosten der öffentlichen Hand. Ein beauftragtes Gutachten ergab, dass es rechtlich zulässig ist, eine kommunale Verbrauchssteuer auf To-Go-Ware einzuführen.

Fazit ist: es braucht einfache und einheitliche Systeme, die Verbraucher:innen eine Nutzung von Mehrweg leicht machen. Je mehr Mehrweg im Umlauf ist und je einheitlicher die genutzten Branchen-Systeme werden, desto besser wird die Öko-und Klimabilanz des Kreislaufsystems. Besonders für temporäre Nutzungen im Food-Bereich – wie Veranstaltungen an nicht festen Spielstätten oder Wochenmärkte – ist die Erfahrungs- und Anbieterlücke noch sehr groß. Es ist klar, dass der öffentliche Druck und die Nachfrage nach abfallarmen Lösungen weiterhin steigen wird und es ist an uns allen, den Mut zu haben, neue Ansätze auszuprobieren und zu fördern.

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