Fallbeispiele
Tag der Deutschen Einheit: das Mehrwegsystem bei HORIZONTE ÖFFNEN
Das Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit 23 schaffte mit über 700.000 Besucherinnen und mehr als 250 Akteur:innen große Aufmerksamkeit für den Themenschwerpunkt Nachhaltigkeit. Mit viel Eigeninitiative und dank Subvention setzte die bergmanngruppe hier das erste übergreifende Mehrwegsystem um. Die durch Hamburg Tourismus beauftragte öffentliche Veranstaltung ohne Eintritt fand zentral rund um die Binnenalster statt. Problematik Noch lange nicht alle Standbetreibenden nutzen Mehrweg für ihre Speisen: Anschaffungskosten, Lagerung, das Spülen der Behältnisse und die damit einhergehende Logistik ist für einzelne Standbetreiber:innen eine große Herausforderung. Wenn Einweg dann noch kostengünstiger ist, ist der Anreiz gering. Das Angebot eines veranstaltungsübergreifenden Mehrwegsystems darf nicht auf Kosten der Standbetreibenden umgesetzt werden – und die Kosten dürfen nicht höher sein als bei der Nutzung von Einweg. Zudem darf kein Mehraufwand für Standbetreibende anfallen: es braucht passende Behältnisse für alle angebotenen Speisen, die Logistik muss flexibel gestaltet werden und sollte klimafreundlich sein. Um Besucher:innen des Bürgerfests HORIZONTE ÖFFNEN für das Mehrwegkonzept zu begeistern, war ein System notwendig, das mit Karte und Bargeld genutzt werden konnte, aber keine App mit Kreditkartenregistrierung benötigte. Der Pfandwert sollte 3 Euro nicht überschreiten. Lösungsansatz Die bergmanngruppe konzipierte ein freiwilliges Mehrwegsystem, das die Kosten von Einweg nicht überschritt, indem es subventioniert wurde. Dazu waren vier wesentliche Schritte erforderlich: Kalkulation und Budgetierung, Beantragung von Subvention Direkt nach Bewerbung der Akteur:innen erfolgte eine erste Kalkulation: vorab erarbeitete Erfahrungswerte vergangener Veranstaltungen wurden genutzt, um Bedarfe, Spül- und Logistikkosten sowie Personalaufwand vor Ort zu berechnen und mit den Kosten zur Nutzung von Einweg verglichen, um den Eigenbeteiligungs-Anteil für…
OMR Festival: Mehrweg ohne Vorkasse
Mit der Etablierung eines flächendeckenden Mehrwegsystems für Kaltgetränke mit einem Umlauf von rund 280.000 Bechern und Gläsern und einem Pilotprojekt zur Erweiterung des Mehrwegkonzepts auf Speisen bei OMR 23 arbeiten die Veranstalter:innen stetig daran, das Event Schritt für Schritt nachhaltiger zu gestalten. Problematik Die Nutzung von Einwegtellern, -schüsseln und -besteck verursacht große Mengen an Abfall. Um das gesamte Einweggeschirr zu ersetzen, braucht es umfassende technische und logistische Expertise. Alle Essensausgaben müssen durchgängig an beiden Veranstaltungstagen mit ausreichend Mehrweggeschirr für Speisen versorgt werden. Die Anschaffung eigener Mehrwegprodukte ist dabei nicht zielführend: Eine ganzjährige Einlagerung verursacht einerseits Kosten und steht andererseits im Widerspruch zur angestrebten regelmäßigen Nutzung. Nicht zuletzt bedeutet ein hoher Qualitätsanspruch an die Mehrwegprodukte in der Regel auch hohe Produktionskosten. Lösungsansatz Für OMR23 wurde das bestehende Mehrwegkonzept auf Speisen erweitert. Hierzu wurde als Test ein Pilotprojekt in der Food-Halle umgesetzt, in welcher 20 Food Outlets platziert waren und rund 38.000 Speisen an zwei Veranstaltungstagen verkauft wurden. Mit Vytal Events wurde ein Dienstleister gefunden, der auf die Umsetzung und Organisation von Mehrweglösungen bei Veranstaltungen spezialisiert ist und über Erfahrung mit den logistischen Herausforderungen der Verteilung und der Reinigung verfügt. Beim Pilotprojekt in der Food-Halle wurden dabei rund 93.000 Geschirrteile eingesetzt, etwa die Hälfte davon war Besteck. Um den Ablauf mit Pfand möglichst einfach für die Besuchenden zu gestalten, wurde das erhobene Pfand in das integrierte Cashless-Payment-System der Veranstaltung integriert. Da es sich um ein After-Payment handelt, konnten die Besuchenden wie gewohnt ihre Speisen kaufen, ohne dass sie für die Pfandbeträge in Vorkasse treten mussten….
NORDEN Festival: Keine Gastronomie mehr ohne Mehrweg
Das Kulturfestival NORDEN (The Nordic Arts Festival) findet seit 2018 im Spätsommer in Schleswig statt. Es gibt ein umfangreiches Programm mit Musik, Kunst und Literatur aus dem Norden Europas sowie verschiedenen Workshops und Aktivitäten, insbesondere für Familien. Hinter dem NORDEN Festival steht ein inklusives und nachhaltiges Konzept, in diesem Fallbeispiel geht es um Lösungen zur Reduktion von durch Einweggeschirr entstehenden Abfall. Problematik Auf Festivals werden Speisen und Getränke in der Regel in Einweggeschirr ausgegeben. Die dadurch entstehenden Abfallberge schaden nicht nur der Umwelt, die Entsorgung kostet die Veranstaltenden auch viel Geld. Gleichzeitig ist eine Lösung mit Mehrweggeschirr nicht leicht umzusetzen, denn sie erfordert viel Personal und neue Infrastrukturen. Das NORDEN hat täglich bis zu 10.000 Besuchende. Es braucht daher ein gutes System, damit der Kreislauf von dreckigem zu gespültem Geschirr und wieder zurück zur Gastronomie jederzeit funktioniert. Lösungsansatz Seit Beginn des Festivals in 2018 kommen ausschließlich Mehrwegbecher zum Einsatz. Allein diese Maßnahme war mit hohem organisatorischem Aufwand verbunden. 2019 kamen die Veranstaltenden mit der Kieler Initiative Spülbar, einer mobilen Spülstation, in Kontakt und wagten den nächsten Schritt: Seitdem gibt es auf dem Festival keine Gastronomie mehr ohne Mehrweg – vom Kaffee bis zur Pommes rot-weiß wird alles auf spülbarem Geschirr ausgegeben. Das Geschirr stammt dabei aus Spenden von regionalen Initiativen, wie der Arbeiterwohlfahrt. Nach dem Verzehr bringen die Gäste das Geschirr zu einer der drei Rückgabestationen, wo es gesammelt und anschließend in einem großen Zelt, der Spülbar, gereinigt wird. Dort gibt es Spülmaschinen und Personal, das das Geschirr vorspült, sortiert, trocknet und wieder zurück…
Hamburger DOM: Müll sparen mit Mehrwegbechern von Recup
Der Hamburger Dom ist ein großes traditionelles Volksfest mit über 250 Schausteller*innen und mehr als 100 Gastronomiebetrieben. Er findet dreimal im Jahr auf dem Heiligengeistfeld zentral in Hamburg auf einer Fläche von etwa 160.000 Quadratmetern statt. Mehrere Millionen Menschen besuchen jährlich das Fest. Eine Veranstaltung dieser Größenordnung hat erhebliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Seit einigen Jahren setzt sich die Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation als Veranstalterin des Doms deshalb für mehr Nachhaltigkeit ein. Problematik Auf dem Dom gehen jedes Jahr mehrere Millionen Getränke und Speisen über die Theke. Um die durch Einweggeschirr entstehenden Müllberge zu begrenzen, gilt in Deutschland seit Januar 2023 die Mehrwegangebotspflicht: Gastronom*innen müssen bei der Ausgabe von Speisen und Getränken immer auch eine Mehrwegalternative anbieten. Eine Ausnahme gibt es für kleine Betreiber*innen, die nur mitgebrachte Behältnisse befüllen müssen. Auf dem Dom gibt es eine solche Regelung schon seit über zehn Jahren für Getränke: Mit den Teilnahmebestimmungen verpflichten sich die Gastronom*innen, ausschließlich Mehrwegbecher auszugeben und auch für Speisen nur sparsame Einwegverpackungen wie Pappe oder Servietten zu verwenden. Die Umsetzung an den Ständen fiel jedoch nicht immer leicht, weswegen die Veranstalterin vereinzelt an diese Vorgabe erinnern musste. Lösungsansatz Um die Stände mit der Umsetzung der Vorgabe nicht allein zu lassen, führte die BWI zum Sommerdom 2018 die Mehrwegbecher von Recup ein. Recup bietet Becher für Heiß- und Kaltgetränke, die gegen einen Pfand von einem Euro ausgegeben werden und an jedem Getränkestand auf dem Dom sowie bei anderen Gastronom*innen, die dieses Mehrwegsystem nutzen, zurückgegeben werden können. Allein in Hamburg…
altonale: Kreislaufwirtschaft fürs Geschirr
Die altonale ist ein umfangreiches Kunst- und Kulturfestival. Über 17 Tage und drei Wochenenden im Sommer bietet die altonale weit über 300 Veranstaltungen aus den Bereichen Musik, Film, Theater, Kunst, Tanz, Jugend und Literatur an verschiedenen Orten in den Hamburger Stadtteilen Altona und Ottensen an. Dieses Fallbeispiel stellt die Bestrebungen und Maßnahmen der altonale im Bereich Gastronomie vor. Es geht um Lösungen mit Mehrweggeschirr um langfristig auf eine Kreislaufwirtschaft umzustellen. Problematik Die Gastronomie auf Festivals verursacht viel Müll und dadurch hohe CO2-Emissionen: Getränke werden oft in To-Go-Bechern ausgegeben und selbst Teller aus nachhaltigen Rohstoffen sind nicht recyclebar, wenn sie zusammen mit Essensresten entsorgt werden. Die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft – das heißt eine Lösung mit Mehrweggeschirr – erfordert jedoch viel Planung. Denn die gesamte Infrastruktur, Logistik und Arbeitsabläufe von Großveranstaltungen müssen dafür umgerüstet werden. So steigt der Verpackungsmüll im Bereich der Gastronomie laut Umweltbundesamt jährlich an. Lösungsansatz Im Festivalzentrum der altonale mit eigener Gastronomie sind bereits seit einigen Jahren über 90 % der Becher Mehrweggefäße. Ein Problem waren bisher besucherreiche Tage: Kaffee konnte dann nicht mehr ausschließlich in Porzellantassen ausgegeben werden und Pappbecher kamen zum Einsatz. 2022 gab es deswegen eine Pilotphase mit RECUP für den Bereich Festival, in der der Einsatz von Mehrwegbechern des Start-ups erprobt wurde. Bei der Veranstaltung kulturfutter werden nicht nur die Getränke in Mehrwegbechern ausgegeben, sondern auch das Essen. Dies gelingt durch den Einsatz eine Spülinsel: 730 Sets von Mehrwegtellern inklusive dazugehörigem Besteck konnten so in 2022 gereinigt werden können. Kulturfutter bittet außerdem die Gäste, eigene Tupperdosen…
Breminale: Getränke und Speisen ohne Einweg
200.000 – 220.000 Besucher:innen kommen jeden Sommer in Bremen auf den Osterdeichwiesen zusammen, um zur fünftägigen Breminale unzählige Kulturprogrammpunkte wie Konzerte und Theater eintrittsfrei zu genießen. Seit vielen Jahren wird im Kaltgetränke-Bereich ausschließlich mit Mehrweg gearbeitet, seit 2022 gilt auch für Heißgetränke und Speisen ein Einwegverbot. Problematik Die Lage direkt an der Weser ist wunderschön. Sie birgt aber auch eine besondere Herausforderung: die Nähe zum Fluss fordert schnelle Reaktion auf Umweltverschmutzung, besser noch – Abfälle müssen im Vorfeld vermieden werden. Die kurze Nutzung von Einweggeschirr für Speisen und Getränke ist nicht nur aus produktionstechnischer und logistischer Sicht unsinnig, sie ist ein messbarer Faktor von Umweltverschmutzung. Zudem bedarf es in Richtung Standbetreibende viel Aufklärung zu vermeintlich nachhaltigen Geschirrlösungen, wie zum Beispiel Bioplastik, sowie Wissen und Überblick über wirksame Lösungen und Produktangebote. Unser Deep Dive zum Thema Mehrweg Warum ‘nachhaltiges’ Einweg nicht die Lösung ist Lösungsansatz Lukas Henschen, Projektkoordinator Nachhaltigkeit der concept bureau UG, arbeitet seit Jahren daran, das gastronomische Angebot auf der Breminale einwegfrei zu gestalten. Von circa 50 gastronomischen Ständen beteiligen sich knapp 20 an einem Mehrwegpoolsystem. Alle anderen Anbieter arbeiten mit eigenen Mehrwegsystemen oder bieten ihre Produkte ‘Auf die Hand’ an, das bedeutet, sie werden direkt auf einer Serviette oder im Brötchen angeboten. Einzige Ausnahme ist unbeschichtetes Papier, das zum Verzehr von Rollos, einer Bremer Spezialität, Burritos oder Falafeln genutzt wird, da die im Teig gerollten Speisen sonst ihren Halt verlieren. Der Geschirrdiensleister bringt Becher, Geschirr und Besteck (Polypropylen/ PP) aus Hannover zu einem großen Lager auf dem Festivalgelände. Die Bedarfe…
Frühlingserwachen: Nachhaltiges Catering
Das Frühlingserwachen ist ein eintägiges, kostenloses Fest mit kulturellem und gastronomischem Angebot, Mitmach-Aktionen und Informationsständen im Inselpark in Wilhelmburg. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte organisiert das Fest seit 2015 jedes Jahr an einem Samstag im Mai und läutet so die neue botanische Saison im Inselpark ein. In diesem Fallbeispiel geht es um das Schaffen von einem nachhaltigen gastronomischen Angebot, welches gleichzeitig bezahlbar für die Besucher:innen des Frühlingserwachens bleibt. Problematik Ein nachhaltiges gastronomisches Angebot geht in der Regel mit erhöhten Kosten einher: Biologische und fair gehandelte Zutaten sind teurer als ihre konventionelle Alternativen und auch die Logistik fürs Spülen von Mehrweggeschirr ist mit zusätzlichen Ausgaben verbunden. Gleichzeitig sollten umweltfreundliche Speisen und Getränke für alle bezahlbar sein. Dies ist insbesondere im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg mit vielen einkommensschwachen Familien ein Spagat, den es zu meistern gilt. Lösungsansatz Die Veranstaltenden des Frühlingserwachens bieten deshalb nicht nur nachhaltige Gastronomie zu üblichen Preisen an, sondern haben zusätzlich Lösungen für vergünstigte umweltfreundliche Speisen und Getränke erarbeitet. Dafür haben sie verschiedene Partner:innen aus Wilhelmsburg mit ins Boot. So hat die Umweltorganisation BUND e. V. in 2022 Kaffee, Kuchen und selbstgepresste Säfte gegen Spende angeboten. Die KulturKapelle, eine Einrichtung für entwicklungspolitische Bildung, hat vegane und vegetarische Salate sowie Softgetränke zum Selbstkostenpreis verkauft. Die Veranstaltenden haben außerdem für alle Caterer einen Mindeststandard für nachhaltige Gastronomie entwickelt. Dieser fordert Mehrweglösungen, die Vermeidung von Lebensmittelabfällen und den Schwerpunkt auf vegetarische und vegane Speisen aus biologischen und fair gehandelten Zutaten. Statt Einweg-Verpackungen kommen beim Frühlingserwachen Servietten, von den Gästen mitgebrachte Becher und Mehrweggeschirr (in 2022 unter anderem…
Futur 2 Festival: ein Zero Waste-Konzept umsetzen
Entgegen des inzwischen weitverbreiteten Ansatzes vieler Festivals, die Mülltrennung durch Gäste und Mitarbeitende zu befördern, will das Futur 2 Festival das Abfall-Aufkommen von vorneherein begrenzen. Wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist der konsequente Einsatz von ausschließlich Mehrwegflaschen und -geschirr: Die Bars und Gastronomen werden im Vorfeld dazu verpflichtet keinerlei Material auszugeben, das später zu Müll werden kann. Pizza wird auf Holzbrettchen, BIO- Currywurst in abwaschbaren Schalen serviert. Darüber hinaus ist das Verteilen und Bereitstellen von Flyern durch Partner:innen und Sponsor:innen auf dem Gelände verboten, so dass auch hier kein unnötiger Müll entstehen kann. Um auch die Festivalbesucher:innen in das Zero Waste-Konzept einzubinden, haben die Veranstalter:innen auf ein psychologisches Motiv gesetzt und die „Broken Window Theory“ herangezogen. Diese besagt, dass, wenn zum Beispiel erstmal ein Graffiti auf einer Wand zu sehen ist, weitere bald folgen werden. Die Hemmschwelle für Vandalismus oder Verschmutzung sinkt also, sobald jemand damit angefangen hat. Die Festivalmacher:innen haben dieses Prinzip umgekehrt und sind mit gutem Beispiel vorangegangen, indem sie darauf geachtet haben, dass auf Seite der Veranstaltenden faktisch kein Müll entstehen konnte. Sie haben zudem ihr Konzept klar kommuniziert. Diese Maßnahmen haben tatsächlich bewirkt, dass die Besucher:innen dazu beigetragen haben, auch verantwortungsvoller mit ihrem selbst mitgebrachten Material umzugehen: Im Jahr 2019 wurden im Schnitt pro Besucher:in nur 26 Gramm Müll während des gesamte Festivaltags produziert. Im kommenden Jahr soll es nur noch eine Mülltonne an einem zentralen Punkt des Festivals geben. Hier soll mittels einer Waage und großen Digitalanzeige in einem live-scoring angezeigt werden, wie viel bzw. wie wenig Müll…
CSD Straßenfest: Standbetreiber:innen zu mehr Nachhaltigkeit bewegen
Jährlich im August findet rund um die Hamburger Binnenalster während der Hamburg Pride Week das CSD-Straßenfest statt. Jungfernstieg und Ballindamm werden zum queeren Party-Hotspot, Info-, Verkaufs- und Gastrostände wechseln sich ab. In diesem Fallbeispiel geht es um finanzielle Anreize, die Standbetreiber:innen zum nachhaltigen wirtschaften bewegen sollen. Problematik Betreiber:innen, die ihren Stand nach nachhaltigen Kriterien führen, müssen in der Regel Mehrkosten stemmen. Denn ihre Arbeit ist aufwendiger, zum Beispiel weil Mehrweggeschirr gespült werden muss, und ihre Anschaffungskosten höher, zum Beispiel von Bio-Lebensmitteln. Gleichzeitig können die Standbetreiber:innen ihre Verkaufspreise meistens nicht im gleichen Maße erhöhen, denn sonst riskieren sie, Kund:innen zu verlieren. Schließlich stehen sie in direkter Konkurrenz mit anderen Ständen. Ihr Geschäft ist deswegen in der Regel weniger ertragreich. Lösungsansatz Vor diesem Hintergrund möchten die Veranstaltenden des CSD-Straßenfestes, die AHOI Events GmbH, Standbetreiber:innen belohnen, die nachhaltig wirtschaften. 2022 haben sie deshalb in einer Pilotphase Betreiber:innen, die gewisse soziale und ökologische Kriterien erfüllen, einen Rabatt bei den Standgebühren gewährt. So erhalten Stände einen Rabatt von 5 %, wenn ihr Speiseangebot zu mindestens der Hälfte aus regionalen, biologischen oder fairen Produkten besteht, von 2 %, wenn sie ausschließlich Mehrweggeschirr nutzen, von 1 %, wenn sie umweltschonende Reinigungsmittel verwenden, und von 1 %, wenn sie sich sozial engagieren. Standbetreiber:innen können somit insgesamt einen Rabatt von 10 % erhalten. Mithilfe eines einfachen Nachhaltigkeitsantrags können die Stände den Rabatt beantragen. Mit diesem monetären Anreiz möchten die Veranstaltenden auch solche Anbieter:innen erreichen, die sich bisher noch gar nicht oder wenig mit Nachhaltigkeit befasst haben. AHOI Events GmbH druckt deshalb…
Eppendorfer Landstraßenfest: Siegel für Nachhaltige Gastronomie
Das Eppendorfer Landstraßenfest ist ein traditionelles Straßenfest in Hamburg. Seit 1981 findet es in der Regel jährlich im Juni statt. Ein Wochenende lang kommen um die 140.000 Besucher:innen nach Eppendorf, um das vielfältige musikalische und kulinarische Angebot auf zwei Kilometern Länge wahrzunehmen. Dieses Fallbeispiel stellt die Einführung eines Siegels für nachhaltigere Gastronomie vor, das Standbetreiber:innen beim nachhaltigen wirtschaften unterstützen soll. Problematik Die Gastronomie ist zentraler Bestandteil von Festen wie dem Eppendorfer Landstraßenfest, jedoch geht diese oft mit einer hohen Umweltbelastung einher. Insbesondere Einweg-Verpackungen, tierische und importierte Produkte sowie Lebensmittelabfälle verursachen hohe CO2-Emissionen. Lösungsansatz Vor diesem Hintergrund hat Nina Laible, Nachhaltigkeitsbeauftragte der bergmanngruppe, die das Fest organisiert, ein Siegel für nachhaltige Gastronomie entwickelt. Die „Grüne Gabel“ umfasst vier Kategorien: Regionale und saisonale Produkte, Umweltfreundlichkeit (dies umfasst Aspekte wie Mehrweggeschirr), veganes oder vegetarisches Angebot sowie faire und biologische Zutaten. Gastronom:innen können ihren Stand zertifizieren lassen, wenn sie 70 % der Kriterien von drei der vier Kategorien erfüllen. Herausforderungen Die Umstellung auf nachhaltige Gastronomie stellt viele Standbetreibende vor Herausforderungen, da Alternativen recherchiert und Arbeitsabläufe sowie Kalkulationen angepasst werden müssen. Das Siegel soll daher auch dabei helfen, Standbetreibende in diesem Prozess zu unterstützen. Auch war es komplex, Kriterien für ein solches Siegel zu erarbeiten, da diese gleichzeitig wirksam, vergleichbar und umsetzbar sein sollen. Bilanz In 2022 haben zwei Gastronom:innen die „Grüne Gabel“ erhalten: Sean‘s Street Kitchen und WowFoodz. So konnten nicht nur direkt ökologische Ressourcen eingespart werden. Auch wurden die Gäste auf das Thema nachhaltige Gastronomie aufmerksam gemacht: Flaggen haben die Stände ausgezeichnet und die Gäste…
World Triathlon Hamburg: Nachhaltige Kriterien im Gastrobereich
Wie können die rund 250.000 Besucher:innen, die jährlich in die Hamburger Innenstadt kommen um die rund 10.000 Sportler:innen beim „größten Triathlon der Welt“ anzufeuern nachhaltig versorgt werden? Problematik Im Gastronomiebereich einer Sportgroßveranstaltung werden enorme Mengen Ressourcen eingesetzt, um die Besucher:innen zu verpflegen. Bei der Auswahl und Zusammensetzung der Speisen kann ein großer ökologischer Fußabdruck entstehen. Beim Einsatz von (Einweg-) Geschirr, Besteck und Bechern zudem große Mengen Müll. Beim World Triathlon Hamburg wird das Public Catering von ca. 15 Ständen durchgeführt. Die vielen externen Partner:innen zum Mitwirken an den Nachhaltigkeitsbestrebungen zu aktivieren, ist eine kommunikative und organisatorische Herausforderung. Lösungsansatz Um die beteiligte Stände im Public Catering (und weitere Aussteller:innen im Messebereich) über die Nachhaltigkeitsstandards in Kenntnis zu setzen, wurden übergreifende Kriterien formuliert. Die Kriterien waren in verpflichtende und freiwillige Kriterien untergliedert. Alle Stände im Public Catering mussten sich mit den Kriterien und Ihrer Umsetzung einverstanden erklären. Die verpflichtenden Kriterien waren zwingend einzuhalten, von den freiwilligen Kriterien im Bereich Catering waren mindestens drei zu erfüllen. Die Einhaltung der Kriterien wurde vom Veranstalter vor Ort überprüft. Nicht Einhaltung führte zum Ausschluss von Folgeveranstaltungen. Beispielhafte verpflichtende Kriterien: Mindestens 30% der im Food-Court angebotenen Gerichte sind vegetarisch, mindestens 15% vegan. Sämtliches eingesetztes Geschirr für Speisen und Getränke (wird bepfandet), das an die Kundschaft herausgegeben wird ist wiederverwendbar (Ausnahmen für Servietten, Papier und Pappen, bei deren Einsatz Sparsamkeit und das Umweltzeichen Blauer Engel (DE-ZU 72) empfohlen wird). Beispielhafte freiwillige Kriterien: Mindestens 30% der im Food-Court angebotenen Speisen und Getränke sind aus regionalem (DE) und/ oder biologischem Anbau bezogen (Vorgabe…
MidSummerRun: Nachhaltige Beschaffung und Ressourcennutzung
Der rein ehrenamtlich organisierte MidSummerRun ist eine ökologisch ausgerichtete Laufveranstaltung in Hamburg, die gezielt die Themen Sport und Nachhaltigkeit miteinander verbindet. So ist der MidSummerRun möglichst ressourcenschonend und inklusiv organisiert. In diesem Fallbeispiel geht es um nachhaltige Beschaffungsmöglichkeiten und die Reduktion von Abfall auf dem MidSummerRun. Problematik Bei Veranstaltungen kommen viele Materialien zum Einsatz. Sportveranstaltungen wie der MidSummerRun benötigen beispielsweise Streckenbeschilderungen und -absperrungen, Verpackungen für die Speise- und Getränkeverpflegung der Teilnehmenden, verschiedene Informationsmaterialien und Werbegeschenke sowie Medaillen und Urkunden. Diese Materialien werden häufig nur einmalig genutzt, stammen selten aus umwelt- und sozialverträglicher Herstellung und bestehen in der Regel aus Plastik. Dies erfordert enorm viele Ressourcen. Aber auch die Entsorgung der Materialien stellt ein massives Problem da: Da sie meist unsortiert im Restmüll landen, können sie auch nicht mehr recycelt werden. Lösungsansatz Der MidSummerRun hat sich mit seiner ersten Veranstaltung 2022 zum Ziel gesetzt, diese Dynamik zu durchbrechen. Die Veranstaltenden haben sämtliche Bereiche darauf geprüft, ob der Einsatz von Materialien reduziert werden kann und wie die verbleibenden Materialien durch ökologische, wiederverwendbare oder recyclefähige Alternativen ersetzt werden können. Dabei gab das 4-R-Prinzip aus der Zero-Waste-Bewegung, also „refuse, reuse, reduce, recycle“ (auf Deutsch „ablehnen, reduzieren, wiederverwenden, wiederverwerten“) bei allen Entscheidungen eine Orientierungshilfe. Um beispielsweise Werbematerialien einzusparen, wurden die Give-Aways der Kooperationspartner (Gutscheine etc.) den Startnummer-Tüten zugelost, auf Kleinstverpackungen (Sportriegel, Produktproben etc.) verzichtet und stattdessen im Zielbereich Körbe als Rückgabe- und Tauschmöglichkeit für die Werbung aufgestellt. Ein weiteres Give-Away waren bienenfreundliche Bio-Saatgutmischungen, verpackt in Papiertaschen, die bereits in einer Hamburger Kantine als Besteckhülle dienten. Als Startnummer-Tüten…
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