Ein Nachhaltigkeitskonzept bildet das Selbstverständnis von Veranstaltenden ab, auf dem ihr Handeln und ihre Kommunikation aufbauen. Es besteht mindestens aus einem klaren Nachhaltigkeitsleitbild, einer umfassenden Stakeholderanalyse sowie der Abwägung von Risiken und Vorteilen nachhaltigen Veranstaltens.
Nachhaltigkeitskonzept
In einem Leitbild stellt ihr eure Selbstverpflichtung zum nachhaltigen Handeln dar. Es hilft dabei, dem Nachhaltigkeitsbestreben eurer Organisation einen roten Faden zu geben. Das Leitbild unterstützt euch dabei, eure Position nach außen und innen zu kommunizieren und euer Team für das Thema zu begeistern. Außerdem bildet das Leitbild die Basis für eine Nachhaltigkeitsstrategie mit konkreten Nachhaltigkeitszielen und -maßnahmen.
Ein Nachhaltigkeitsleitbild besteht aus einer Reihe Nachhaltigkeitsleitlinien, durch die ihre eure Prioritäten formuliert. Sie helfen euch als übergeordnete Themenbereiche dabei, eure Aktivitäten zu planen und zu organisieren. Diese Nachhaltigkeitsleitlinien können bspw. die soziale Verantwortung, ressourcenschonende Organisation oder Beitrag zum Klimaschutz sein. Jeder Nachhaltigkeitsleitlinie wird zusätzlich mit Beschreibungen versehen, die konkretisieren, wie eine Umsetzung angestrebt wird. Die Nachhaltigkeitsleitlinie „soziale Verantwortung“ könnte z.B. durch Barrierearme Organisation, Awareness, Gendersensibilität und diskriminierungsfreie Kommunikation umgesetzt werden.
Ein Vorteil der Erstellung eines Leitbildes ist die notwendige intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Standpunkten und Visionen sowie den unterschiedlichen Handlungsfeldern, in denen ihr tätig werden könnt. Durch die Kommunikation des eigenen Nachhaltigkeitsleitbildes könnt ihr außerdem eine wertvolle Vorbildfunktion übernehmen und andere inspirieren.
Für Nachhaltigkeitsleitbilder gibt es keine Vorlage: Ein Leitbild kann das Selbstverständnis einer Veranstaltungsorganisation, die Vision der Veranstalter:innen, Handlungsprinzipien oder z.B. Nachhaltigkeitsziele enthalten. Hier eine Reihe an ambitionierten Beispielen:
In einem einsichtsreichen und detaillierten Konzept haben die Organisator:innen des Frühlingserwachens im Wilhelmsburger Inselpark in insgesamt 13 Handlungsfeldern 25 Nachhaltigkeitsziele formuliert. Jedem der Ziele wurden wiederum konkrete Maßnahmen zugeordnet, durch die sie erreicht werden sollen.
Die Veranstalter:innen des Tollwood, das in München stattfindet, stellen in einer Umweltbroschüre die erbrachte Nachhaltigkeitsleistung dar und erklären, warum das Motto in Sachen Nachhaltigkeit „Geht nicht, gibt’s nicht!“ lautet.
Die altonale GmbH hat Grundwerte erklärt, die als Prinzipien dienen und die zu jederzeit Orientierung in der Veranstaltungsorganisation bieten.
In der Bibliothek der Green Events Tatenbank findet ihr weitere ausformulierte Nachhaltigkeitsleitbilder kleinerer und größerer Veranstaltungen.
Eine Stakeholderanalyse ist ein essenzieller Bestandteil eures Nachhaltigkeitskonzepts. Sie hilft euch, die verschiedenen Interessengruppen zu identifizieren, die von eurer Veranstaltung betroffen sind oder Einfluss darauf haben. Dazu gehören nicht nur die Teilnehmenden, sondern auch Lieferanten, Sponsoren, lokale Gemeinschaften, Behörden, Mitarbeitende und die Umwelt. Die Analyse unterstützt euch dabei, deren Erwartungen, Bedürfnisse und potenziellen Einfluss auf die Veranstaltung zu verstehen und gezielt in eure Planung einzubeziehen.
Durch die systematische Identifizierung und Bewertung der Stakeholder könnt ihr Prioritäten setzen und sicherstellen, dass ihr auf deren spezifische Anforderungen eingeht. Dies stärkt die Beziehungen zu euren Partnern und erhöht die Akzeptanz und Unterstützung eurer Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Beispielsweise könnte die Einbindung lokaler Gemeinschaften zur Reduzierung negativer Umweltauswirkungen beitragen und gleichzeitig soziale Akzeptanz fördern.
Die Stakeholderanalyse ermöglicht es euch auch, potenzielle Konflikte frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen. Sie schafft die Grundlage für einen offenen Dialog und ermöglicht eine effektive Kommunikation, die das Vertrauen in eure Veranstaltung stärkt. Letztlich trägt eine sorgfältig durchgeführte Stakeholderanalyse entscheidend dazu bei, euer Nachhaltigkeitskonzept erfolgreich umzusetzen und eine langfristige, positive Wirkung zu erzielen.
Wie führe ich eine Stakeholderanalyse durch? Um eine Stakeholderanalyse erfolgreich durchzuführen, geht man strukturiert und systematisch vor. Der erste Schritt besteht darin, die relevanten Stakeholder zu identifizieren. Hierbei stellt man sich Fragen wie: Wer ist direkt oder indirekt von der Veranstaltung betroffen? Wer hat ein Interesse an der Veranstaltung? Wer könnte Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg des Events haben? Dies könnten Teilnehmende, Sponsoren, Lieferanten, Mitarbeitende, lokale Gemeinschaften, Umweltgruppen, Behörden und sogar die Umwelt selbst sein. Nach der Identifikation geht es darum, die Erwartungen, Bedürfnisse und potenziellen Probleme der Stakeholder zu erfassen. Wichtige Fragen in dieser Phase sind: Welche Erwartungen haben die Stakeholder an die Nachhaltigkeit der Veranstaltung? Welche Bedenken oder Risiken sehen sie? Welche Prioritäten und Ziele verfolgen sie? Hierbei kann es hilfreich sein, direktes Feedback durch Interviews, Umfragen oder Workshops einzuholen. Darüber hinaus bewertet man die Bedeutung und den Einfluss der Stakeholder: Welche Stakeholder haben den größten Einfluss auf die Veranstaltung, und welche sind besonders stark von ihr betroffen? Welche Ressourcen oder Unterstützung können sie bereitstellen, und welche Art von Kommunikation und Einbindung bevorzugen sie? Eine sorgfältige Analyse dieser Aspekte hilft dabei, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Bedürfnisse der Stakeholder zu erfüllen, potenzielle Konflikte zu vermeiden und die Veranstaltung so nachhaltig und erfolgreich wie möglich zu gestalten.
Ein zentraler Bestandteil eures Nachhaltigkeitskonzepts ist die sorgfältige Analyse der Risiken und Vorteile einer nachhaltigen Ausrichtung der Veranstaltung. Dieser Schritt hilft euch, realistische Erwartungen zu setzen und gezielte Maßnahmen zu entwickeln, um sowohl die Chancen optimal zu nutzen als auch potenzielle Risiken zu minimieren.
Beispiele für die Vorteile einer nachhaltigen Ausrichtung einer Veranstaltung sind eine gesteigerte Markenwahrnehmung, die Förderung neuer Partnerschaften, die Einhaltung (und ggf. Vorwegnahme künftiger) gesetzlicher Vorgaben und langfristige Kosteneinsparungen durch effiziente Ressourcennutzung. Zu den Nachteilen können beispielsweise höhere Anfangsinvestitionen, das Risiko von Greenwashing und mögliche Kompromisse bei der Auswahl von Lieferanten und Materialien zählen.
Nachdem ihr die Chancen und Risiken der nachhaltigen Ausrichtung der Veranstaltung identifiziert habt, kombiniert ihr sie mit eurer Einschätzung hinsichtlich 1.) der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens und 2.) der möglichen Auswirkungen, falls sie eintreten.
Wie kann ich die Chancen- und Risikenanalyse nutzen? Nachdem ihr Chancen und Risiken identifiziert und bewertet habt, ist es wichtig, diese Erkenntnisse konkret in euer Handeln zu integrieren und sicherzustellen, dass sie eine dauerhafte Relevanz für eure Veranstaltungsplanung haben: 1. Entwicklung konkreter Maßnahmen Leitet aus den identifizierten Chancen und Risiken spezifische Maßnahmen ab. Für jede Chance solltet ihr Strategien entwickeln, um sie zu nutzen. Für die Risiken sollten Maßnahmen zur Risikominderung definiert werden. Beispielsweise könntet ihr für die Chance, neue Sponsoren zu gewinnen, ein gezieltes Marketingkonzept entwickeln, während ihr für das Risiko unerwarteter Kosten einen Puffer im Budget einplant. 2. Integration in den Projektplan Integriert die abgeleiteten Maßnahmen in euren Projektplan. Stellt sicher, dass sie Teil der täglichen Planung und Entscheidungsfindung werden. Setzt klare Verantwortlichkeiten und Fristen für die Umsetzung der Maßnahmen, um die Verbindlichkeit zu erhöhen. 3. Monitoring und Anpassung Implementiert ein System zur kontinuierlichen Überwachung der identifizierten Risiken und Chancen. Setzt regelmäßige Meetings an, um den Fortschritt zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Dies hilft euch, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und sicherzustellen, dass die Chancen genutzt und die Risiken aktiv gemanagt werden. 4. Feedback einholen und lernen Ermutigt euer Team und die Stakeholder, Feedback zu den umgesetzten Maßnahmen zu geben. Reflektiert nach der Veranstaltung über die Wirksamkeit der Strategien (bspw. im Rahmen des Nachhaltigkeitsberichts). Was hat gut funktioniert, und wo gibt es Verbesserungspotenzial? Dieses Lernen ist entscheidend für die Entwicklung zukünftiger Veranstaltungen.