Die Nachhaltigkeitsziele und -maßnahmen der Veranstaltung werden an die Besucher:innen vor und während der Veranstaltung kommuniziert, um sie zum Mitmachen aufzufordern. Dies geschieht z.B.
– im Rahmen der allgemeinen Informationen (z.B. zur Anreise),
– bei der Anmeldung/ beim Ticketkauf,
– durch Hinweise und Erklärungen vor Ort.
Kommunikation mit Besucher:innen
Sustainable Nudging ist ein wirkungsvolles Werkzeug, um umweltfreundliches Verhalten auf sanfte, aber wirksame Weise zu fördern. Green Nudges beschreibt subtile Hinweise und Gestaltungselemente, sogenannte „Anstupser“, die Entscheidungsstrukturen so verändern, dass Menschen zu nachhaltigem Verhalten gelenkt werden – ohne ihre Entscheidungsfreiheit einzuschränken. Der Begriff Nudging stammt aus der Verhaltensökonomik und wurde durch den Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler und den Rechtswissenschaftler Cass Sunstein geprägt. Das Konzept beruht auf dem Verständnis, dass unser Denken vielfach automatisch und schnell abläuft („System 1“) – selten mittels bewusster, rationaler Abwägung („System 2“). Diese unbewussten Entscheidungen lassen sich durch kluges Design beeinflussen – etwa durch Standardoptionen, visuelle Hinweise, soziale Vorbilder, Belohnungen oder Framing-Botschaften.
Kernprinzipien effektiver Nudges
Das UN Environment Programme (UNEP) stellt im Little Book of Green Nudges vier zentrale Bedingungen vor, die entscheidend sind für die Wirksamkeit von Nudges:
1. Easy: Menschen wählen das, was leicht zugänglich ist – z. B. durch Voreinstellungen (Defaults)
2. Attractive: Visuell ansprechende Reize oder Hinweise erhöhen die Motivation, sich umweltfreundlich zu verhalten.
3. Social: Menschen orientieren sich stark an ihrem Umfeld. Das Hervorheben, dass andere Menschen ebenfalls nachhaltig handeln, wirkt motivierend.
4. Timely: Die meisten Entscheidungen werden impulsiv und nicht unbedingt zukunftsorientiert getroffen. Daher können gut platzierte Hinweise den Menschen helfen, die Vorteile einer Verhaltensänderung im Hier und Jetzt zu verstehen.
Folgende Ansätze des Nudgings könnt ihr in eurer Veranstaltungsplanung integrieren oder mitdenken, wenn es um die Kommunikation von Nachhaltigkeitsbestrebungen und das Einbeziehen von Besucher:innen bei dem Erreichen von Nachhaltigkeitszielen geht.
Die Wirkung von Default-Optionen
Studien zeigen, dass Menschen eher die Default-Option wählen, als aktiv eine andere Option auszuwählen. Ein praxisnahes Beispiel stammt aus China: In mehreren Städten war bei Essenslieferungen standardmäßig die Option „kein Einweg-Besteck“ eingestellt. Wer darauf verzichtete, erhielt „Green Points“, die für das Pflanzen eines echten Baumes eingelöst werden konnten. Das Ergebnis: Bestellungen ohne Besteck stiegen um 648 % – ohne negative Auswirkungen auf das Geschäftsmodell (Guojun He et al. 2023). Auf eine Veranstaltung übertragen, könnte eine Maßnahme z.B. sein, beim Catering standardmäßig vegane Speisen anzubieten und nur auf Wunsch eine nicht vegane oder nicht vegetarische Alternative.
Framing-Effekte
Die Art und Weise, wie Informationen präsentiert (also „geframed“) werden, beeinflusst unser Verhalten und unsere Entscheidungen – auch wenn der eigentliche Inhalt objektiv gleich bleibt. Zum Beispiel bewirkt das sogenannte Gain-Framing („Recycling spart 17 Bäume“) mehr als das Loss-Framing („Papier verschwenden ist schädlich für die Umwelt“). Dieses Konzept könnt ihr in der Nachhaltigkeitskommunikation anwenden, indem ihr die positive Wirkung von nachhaltigen Verhaltensweisen betont.
Sichtbarmachung und Monetarisierung
Konkrete Visualisierungen machen nachhaltiges Verhalten greifbarer, z.B. (Live-)Anzeigen zum Ressourcenverbrauch oder Informationen über den CO2-Fußabdruck. Auch das Einführen von Gebühren für umweltschädliche Optionen ist eine wirksame Maßnahme, z.B. eine Müllgebühr.
Gamification & Anreize
Gamification zu nutzen, um Besucher:innen spielerisch zu nachhaltigem Verhalten zu motivieren, kann z.B. wie folgt aussehen:
- Nachhaltigkeits-Challenge: Besucher:innen nehmen an nachhaltigen Aktionen teil und sammeln Punkte für jede nachhaltige Entscheidung (z.B. Anreise mit Bahn, veganes Essen gewählt). Als Belohnung erhalten sie Zugang zu Preisverlosungen oder ein „Green Hero“-Zertifikat.
- Team-Wettbewerbe: Besucher:innen schließen sich in Gruppen zusammen (z. B. Freundeskreise, Camp-Bereiche auf Festivals) und das Team, das am meisten Abfall trennt oder die wenigsten Plastikeinwegartikel nutzt, gewinnt Preise.
- Interaktive Installationen: Ein großes Display auf dem Festivalgelände zeigt in Echtzeit, wie viel Müll bisher recycelt wurde oder wie viel CO₂ durch nachhaltige Anreise eingespart wurde. Durch visuelles Feedback („Ihr habt schon 1000 kg CO₂ eingespart – das entspricht einer Flugreise nach New York!“) wird der Fortschritt zu einem kollektiven Spiel.
Folgende Maßnahmen unterstützen außerdem die Kommunikation an Besucher:innen und deren Motivation zu nachhaltigem Handeln:
- eine Ansprechperson vor Ort
- klare und einheitliche Beschilderung (z.B. von Pfandrückgabestationen und Recyclingstationen)
- rechtzeitige Kommunikation von Vorab-Informationen, wie beispielsweise Hinweise zu einer klimafreundlichen Anreise
- Kommunikation über unterschiedliche Kanäle (wie Soziale Medien, Newsletter, ggf. analoges Infomaterial)
- weiterführende Informationen zur Nachhaltigkeit im (Rahmen-)programm, z.B. Führungen hinter die Kulissen
- erlebnisorientierte Angebote, z.B. solarbetriebene Open-Air-Kinos, fahrradbetriebene Bühnen und Smoothie-Stationen oder Kunstinstallationen, die Nachhaltigkeit zum Thema machen.
Es ist sinnvoll, Veränderungen in Richtung einer nachhaltigen Veranstaltung zu bewirken. Dieses Engagement nach außen zu kommunizieren und authentisch an andere Veranstalter:innen und die Besucher:innen weiterzuerzählen, ist ebenfalls wichtig. Denn: Zu sehen, dass es Menschen gibt, die die Veranstaltungsbranche verändern, motiviert andere mitzumachen und macht Nachhaltigkeit lokal erfahrbar. Ihr könnt also mit eurer Veranstaltung ein Vorbild für andere Veranstalter:innen sein, ganz nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber!“.
- Zukunftszentrum Brandenburg: „Nachhaltigkeit kann so einfach sein – mit Green Nudging nachhaltiges Verhalten fördern“
- UN Environment Programme (UNEP): Little Book of Green Nudges
- Earth.org: „How Can Behavioral Science Encourage Sustainable Decisions?“
- Fact Sheet von Powerful Thinking mit Beispielen, wie Veranstalter:innen das Thema Energieverbrauch an Gäste kommunizieren können