Biodiversität- und Flächenschutz

Biodiversität bedeutet biologische Vielfalt. Biologische Vielfalt, also die genetische Vielfalt, die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten und darüber hinaus die Vielfalt von Ökosystemen ist essentiell, um die Funktionsfähigkeit unserer ökologischen Umwelt zu erhalten. Umso erschreckender ist es, dass die Anzahl an Arten dramatisch zurückgeht. Unter den größten Treibern für Artensterben sind Landnutzungswandel, Klimawandel und das zunehmende Vorkommen invasiver Arten aus anderen Ökosysteme, die heimische Arten verdrängen. Um Biodiversitätsverlusten entgegenzuwirken, ist es wichtig, dass z.B. strenge Schutzmaßnahmen für Naturräume gelten, dass mit landwirtschaftlichen Praktiken Rücksicht auf Naturräume und ihre Artenvielfalt genommen wird und der Einfluss von menschlichem Handeln naturnah und mit wenig negativen Umweltwirkungen auf Ökosysteme erfolgt. Auch Veranstaltungen, insbesondere wenn diese in freier Landschaft und in der Nähe von Naturschutz- oder Vogelschutzgebieten stattfinden, stellen eine Form der Landnutzung dar, wenn auch temporärer Art.

Veranstaltungen gehen meist mit erhöhten Lärmpegeln einher. Warum das eine Gefährdung der Vielfalt der lokalen Fauna darstellen kann, erklären wir euch nachfolgend.

Lärm verursacht bei vielen Wirbeltierarten einschließlich des Menschen Stressreaktionen und wirkt negativ auf den Gesundheitszustand. Schäden am Innenohr treten bei Vogel- und Säugertierarten zwischen 90 und 140 dB(A) auf. Die menschliche Schmerzgrenze liegt bei 120 dB(A). Anders als bei Vögeln regenerieren sich die Haarsinneszellen im Innenohr des Menschen und vieler anderer Säuger nicht. Bleibende Schäden sind die Folge. Nachtaktive Räuber wie Wildkatze, Marder oder Hermelin jagen nach Gehör. Bei störendem Lärm wird es für sie schwierig, Beute zu fangen. Aber auch für Beutetiere ist unbeeinträchtigtes Hören entscheidend. Lärm beeinträchtigt das Fluchtverhalten, wenn Räuber und Alarmsignale nicht wahrgenommen werden können. Auf diese Weise beeinflusst Lärm die Räuber-Beute-Verhältnisse und somit das bestehende Ökosystem.

Viele Tierarten verständigen sich untereinander akustisch. Rufe sind für die Partnersuche, zur Abgrenzung des Reviers und zur Kontaktaufnahme zwischen Eltern und Jungtieren wichtig. Lärm kann daher den Fortpflanzungserfolg von Vögeln beeinträchtigen. In Hamburg brüten jährlich ungefähr 160 schützenswerte Vogelarten mit über 400 000 Brutpaaren. Viele dieser Vögel brüten im Frühjahr und Sommer und sollten insbesondere während der Brutzeit nicht gestört werden. Dazu zählt nicht nur eine Störung durch Eindringen in ihren Lebensraum, sondern auch durch Lärm oder Licht. Eine Folge von erhöhter Lärmbelastung und dauerhafter Präsenz von Menschen kann das Aufgeben der Brut sein. Einige Vogelarten haben nur eine Brut im Jahr. Ein Ausbleiben von Nachwuchs bedeutet langfristig das Schrumpfen der lokalen Population. Im Extremfall führt Lärm zum lokalen Verschwinden von Tierarten.

Insbesondere in Vogelschutzgebieten und Naturschutzgebieten ist daher eine Lärmbelästigung von April bis Ende Juli und teilweise auch in einem Umkreis um die Gebiete verboten. Genauere Informationen dazu stehen in den jeweiligen Schutzgebietsverordnungen, die öffentlich einsehbar sind. Die Stadt Hamburg hat eine interaktive Schutzgebietskarte erstellt, auf der alle geschützten Bereiche einsehbar sind. Der Arbeitskreis Vogelschutzwarte Hamburg bietet außerdem Informationen zu (brütenden) Vogelarten in Hamburg.

Im Rahmen eines nachhaltigeren Events empfehlen wir dir, auf den Einsatz von Feuerwerk und Skybeamern zu verzichten. Lichtinstallationen können beeindrucken. Lichtverschmutzung  und die fehlende Dunkelheit in der Nacht sind allerdings ein ernsthaftes ökologisches Problem. Der Tag-Nacht-Rhythmus vieler Tiere wird durch die zunehmende Beleuchtung in Städten gestört. Dabei kann zu viel Licht auf unterschiedliche Weise wirken: Manche Insekten werden bei zu viel Licht nicht aktiv, andere werden von Lichtquellen angezogen und verbrennen oder werden von lebenserhaltenden Aufgaben abgehalten. Studien haben ergeben, dass Skybeamer und Gebäudeanstrahlungen Zugvögel vom Kurs abbringen und desorientieren können. Als nachtaktive Säugetiere sind Fledermäuse besonders betroffen. Werden ihre Quartiere an Fassaden oder in Baumhöhlen beleuchtet, werden diese damit zerstört. Wird die Beleuchtung installiert, während sich Fledermäuse im Quartier befinden, kommt es vor, dass diese vergeblich auf die Abenddämmerung warten, ihren Ausflug verpassen und im Quartier verhungern. Beleuchtete Felder, Wiesen und Flüsse werden von den meisten Fledermausarten ungern überflogen und ihr Lebensraum dadurch eingeschränkt. Bei Pflanzen wird vor allem der jährliche Rhythmus von Laubwurf im Herbst und Blattaustrieb im Frühling durch künstliches Licht durcheinander gebracht.

Feuerwerk hat ebenfalls sehr weitreichende negative Auswirkungen auf die Umwelt und Tierwelt und somit die lokalen Ökosysteme. Studien zeigen, dass Tiere durch laute, abrupte Geräusche oftmals in Panik geraten, ihr Verhalten ändern sowie physiologische Reaktionen zeigen können. Vögel geben möglicherweise zwischenzeitlich oder komplett Schlafplätze und Jagdgründe auf. Ein Gewöhnungseffekt tritt dabei bei Feuerwerken aufgrund des Überraschungseffekts nicht ein. Im schlimmsten Fall können die akuten Auswirkungen auf Vögel zu einem Bestandsrückgang der betroffenen Population führen.

Der Einsatz von Licht wird auf Veranstaltungen, die abends und nachts stattfinden, nicht vollständig zu reduzieren sein. Die Initiative gegen Lichtverschmutzung gibt Tipps dazu, die Beleuchtung einer Veranstaltung umwelt- und ressourcenschonend zu gestalten. Die Initiative empfiehlt, Licht effizient an den zu beleuchtenden Ort zu lenken, die verwendete Lichtmenge so weit wie möglich zu reduzieren und warmweißes Licht mit einem geringen Blauanteil zu verwenden. Des Weiteren wird empfohlen, effiziente LED-Leuchtmitteln, die langlebig und gut in ihrer Leuchtleistung steuerbar sind, einzusetzen.

Belastungen durch schwere Fahrzeuge, Aufbauten oder Menschenansammlungen können Bodenschäden verursachen. Im Boden vorhandene Hohlräume, die den lebenswichtigen Transport von Luft, Wasser und Nährstoffen ermöglichen, gehen durch den Druck verloren. Der Boden kann dann seine Funktionen im Ökosystem nicht mehr erfüllen. Das hat auch zur Folge, dass Extremwetterereignisse wie Starkregen nicht mehr gut abgepuffert werden können. Jeder kennt die Funktionsweise eines Schwamms, der sich durch viele Löcher und Poren mit Wasser vollsaugen kann. Ähnlich funktioniert es mit Porenreichen Böden, sie können überschüssiges Wasser absorbieren und Überschwemmungen verhindern. Auch schützt ein gesunder Boden vor Erosion und sorgt für ein stabiles Wurzelwerk von Bäumen und Sträuchern.

Um Schäden zu vermeiden, ist es bei Outdoorveranstaltungen sinnvoll, zuerst bereits versiegelte Flächen in Betracht zu ziehen. Wo dies nicht möglich ist, solltet ihr Schutzmaßnahmen umsetzen. Welche Maßnahmen jeweils sinnvoll sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Art der Nutzung, welche Belastung durch Besucher:innen erwartet wird, dem Zustand und der Beschaffung des Bodens (z.B. Wassergehalt etc.), und, wie schützenswert der beanspruchte Naturraum ist. Als Grundregel sollte das Befahren von unversiegelten Böden stets vermieden werden oder mit möglichst leichten Fahrzeugen mit breiten Reifen geschehen. Eine weitere Maßnahme kann die Verwendung von Schwerlastplatten auf Grünflächen sein. Hierfür gibt es z.B. Schwerlastplatten aus recyceltem Kunststoff, Vliesmatten, Bodenschutzgitter aus unterschiedlichen Materialien, die unterschiedlichen Belastungen standhalten können, sowie Kunststoffplatten, die im Click-System flexibel verlegt werden können. Auch für die Nutzung von Veranstaltungszelten empfiehlt es sich, geeignete Untergrundmaterialien zu verwenden.

Bodenschutz und sichere Wege auf dem Skandaløs Festival

Die Veranstalter:innen des Skandaløs Festival für Musik und Utopie in Nordfriesland stehen regelmäßig vor der Herausforderung, dass sie Flächen der Gemeinde, sowie umliegende landwirtschaftliche Flächen nutzen, die kaum bis keine bestehende Infrastruktur bieten. Schutzmaßnahmen vor zunehmenden Extremwetterereignissen müssen daher selbst organisiert und finanziert werden. Dazu zählt auch das Sicherstellen von Zufahrtswegen. Die Veranstalter:innen halten daher zum Schutz der Böden und zur Gewährleistung von sicheren Wegen auf dem 6 Hektar großen Camping-Areal und den Parkflächen Bodenplatten für Fahrstraßen vor, welche bei Bedarf ausgelegt werden.

Mehr Einblicke darüber, wie das Skandaløs Festival mit diesen Herausforderungen umgeht, findet ihr in unserem Fallbeispiel zur Veranstaltung.

Wildpinkeln sorgt nicht nur für unangenehme Gerüche und hinterlässt gelbe Flecken an Hausfassaden, sondern ist auch für Naturräume in der Nähe von Veranstaltungsstätten ein Problem. Die mit dem Urin ausgeschiedenen Nährstoffe führen zu einem Überangebot an Nährstoffen im Boden, sodass dieser „überdüngt“ wird. Empfindliche und einzigartige Naturräume sind häufig diejenigen, die durchschnittlich eher einen geringen Nährstoffeintrag haben, sodass sich die indirekte Düngung unvorteilhaft auswirkt. Um Reinigungskosten zu sparen, Naturräume zu schonen und soziale Aspekte zu berücksichtigen, ist es empfehlenswert, Wildpinkeln unter Veranstaltungsgästen aktiv zu reduzieren.

Wildpinkeln verhindern mit Speziallack 

Auf der Reeperbahn und in St. Pauli führt Wildpinkeln zu hohen Reinigungskosten. 2015 wurden deshalb Wände, die häufig von Wildpinklern angesteuert werden, mit superhydrophobem Lack versiegelt. Wenn nun jemand gegen die Wand pinkelt, wird die Person mit seinem eigenen Urin bespritzt. Mehr Informationen zu der Initiative „St. Pauli pinkelt zurück“ gibt es hier. Der Lack ist jedoch sehr teuer und führt dazu, dass die Bausubstanz dahinter luftdicht versiegelt wird, sodass Schäden entstehen können.

Sanitäre Infrastruktur und Kommunikation

Selbst wenn Wildpinkeln nur selten vollständig verhindert werden kann, ist es förderlich, wenn die sanitäre Infrastruktur z.B. auf einer Open Air-Veranstaltung so ausgelegt ist, dass Toiletten schnell erreichbar und insbesondere ausreichend vorhanden sind. Goldeimer zeigt, wie gelungene Nachhaltigkeitskommunikation aussehen kann, um Wildpinkeln aktiv zu verhindern. Mit der P-Bank von Goldeimer werden Veranstaltungsgäste gebeten, das ausgeschiedene Phosphor im Urin „zu spenden“, das bereits jetzt ein knapper Nährstoff in der modernen Landwirtschaft ist.

Eine große Auswahl an Dienstleistern, die sanitäre Lösungen ohne Chemikalien- und Wassereinsatz auf Veranstaltungen anbieten, findet ihr übrigens in unserer Tatenbank.

Und in diesem Maßnahmenexkurs findet ihr mehr Informationen zum Thema sanitäre Anlagen auf Veranstaltungen.

Diese Maßnahme trägt zur Erreichung folgender UN-Nachhaltigkeitsziele bei:

Das könnte dich auch interessieren

Schau auch mal hier

Become part of the Reusable Revolution!

Abfallmanagement, Beauftragung und Partner*innenverträge, Kommunikation mit Partner*innen, Kommunikation nach Außen, Mehrweg & Verpackung,

Werdet Teil der Reusable Revolution!

Beauftragung und Partner*innenverträge, Catering, Kommunikation mit Partner*innen, Kommunikation nach Außen, Mehrweg & Verpackung,

UEFA EURO 2024: Barrierefreiheit auf der Hamburger Fan Zone

Gesundheit & Sicherheit, Zugänglichkeit der Veranstaltung,
Integrierte ÖPNV-Fahrkarte