Das Gut Wulksfelde ist ein großer Bioland-Hof in Tangstedt, direkt an der Grenze zu Hamburg. Neben Hofladen, Bäckerei, Restaurant, Tiergarten und einem Bio-Lieferservice für Hamburg und Umgebung organisiert das Gut jedes Jahr einen großen Bauernmarkt mit vielen verschiedenen Ständen, gastronomischem Angebot, Musik und umfangreichem Kinderprogramm. In diesem Jahr wagten die Veranstaltenden ein Experiment und organisierten das Fest erstmalig autofrei.
Problematik
Das Gut Wulksfelde liegt in ländlicher Umgebung im Norden von Hamburg. Mit Bus und Bahn ist es nur schwer zu erreichen, an den Wochenenden ist die nächste Bushaltestelle sogar 15 Minuten zu Fuß entfernt. Früher kamen deshalb fast alle Besucher*innen – bis zu 10.000 Menschen – mit dem Auto zum Bauernmarkt. Diese riesige Menge an Autos war nicht nur mit den ökologischen Unternehmenszielen unvereinbar. Sie erforderte auch viel Organisation und vor allem Platz; die Hühnerwiese, auf der die Autos zum Teil parken mussten, war nach den Festen kaputt. Zuletzt konnten die Veranstaltenden die Massen kaum noch bewältigen und der Markt stand kurz vor dem Aus.
Lösungsansatz
Ein neues Mobilitätskonzept musste her und die Organisator*innen wagten den Versuch, den Bauernmarkt komplett autofrei zu gestalten. Anfahrt und Parken mit dem Auto waren nicht mehr möglich. Stattdessen haben die Veranstaltenden verschiedene Alternativen geschaffen, um trotz der ländlichen Lage des Guts allen die Möglichkeit zu geben, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen. Zum einen gingen die Veranstaltenden auf den regionalen Verkehrsverbund VHH zu und organisierten einen kostenlosen Bus-Shuttle. Dieser sollte die Besucher*innen den ganzen Tag im 20-Minuten-Takt von den gut erreichbaren U-Bahn-Haltestellen Ohlstedt und Norderstedt Mitte sowie von der Bushaltestelle Lohe zum Fest bringen. Zum anderen richteten die Veranstaltenden in Kooperation mit der Fahrradgarderobe Wilhelmsburg einen großen Fahrradparkplatz ein – mit entsprechendem Leitsystem, um zu verhindern, dass die Fahrräder verstreut auf dem Gelände stehen. Außerdem bot der ADFC eine Fahrradcodierung zum Schutz vor Diebstahl an und eine Solarladestation ermöglichte das Aufladen der Akkus von E-Bikes. Für Menschen mit Behinderungen standen nah am Gutseingang Parkplätze zur Verfügung.
Herausforderungen
Die Mobilität von tausenden Besucher*innen musste komplett umgestellt werden – dies erforderte im Vorfeld viel Organisation. Der VHH-Shuttle verursachte zudem enorm hohe Kosten. Die Veranstaltenden sahen sich deshalb erstmals gezwungen, Eintritt für den Bauernmarkt zu erheben (7 € für Erwachsene, 3 € für Kinder, 15 € Familien). Eine weitere Herausforderung bestand darin, die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln für einen einzelnen Tag umzusetzen. Unwägbarkeiten ließen sich so kaum vermeiden. So versperrten auf den Buslinien Radfahrende und geparkte Autos von anderen Veranstaltungen den Weg, die Absprachen innerhalb des VHH waren nicht optimal und ein Schienenersatzverkehr zu der U-Bahn-Haltestelle Ohlstedt sorgte für Verzögerungen. Während des Fests konnte der Shuttle deshalb oft nicht seine geplante Taktung einhalten, die Gäste mussten teilweise bis zu einer Stunde warten. Dies war vor allem aufgrund des heißen Wetters am Tag des Festes sehr ungünstig.
Bilanz
Die Bilanz der Veranstaltenden zum autofreien Bauernmarkt fällt negativ aus. Neben dem störungsbehafteten Shuttle-Service war vor allem die mangelnde Resonanz enttäuschend. Rund 1000 Menschen kamen mit dem Rad, etwa 2000 Menschen nutzten den kostenlosen Bus-Shuttle. Mit 3000 Besucher*innen kamen jedoch deutlich weniger Menschen als erwartet. So hatten die Veranstaltenden mit der doppelten Anzahl gerechnet, vor Corona kamen sogar bis zu 10.000 Menschen zum Fest. Die Veranstaltenden führen dies vor allem auf die neu erhobenen Eintrittspreise und den Wegfall der Anreisemöglichkeit per Auto zurück, aber auch das heiße Wetter könnte eine Rolle gespielt haben. Trotz dieser negativen Bilanz ist das Gut Wulksfelde froh, das Experiment „autofreier Bauernmarkt“ gewagt zu haben. Denn sie konnten wichtige Erfahrungen sammeln, die für ähnliche Veranstaltungen nützlich sein können. So empfehlen sie, nur dann auf autofrei umzustellen, wenn bereits eine gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln besteht und kein zusätzlicher Shuttle-Service von Nöten ist.
Vision
Aufgrund der negativen Erfahrung wird es keine Wiederholung des autofreien Bauernmarkts geben. Da das Problem der Masse an Fahrzeugen jedoch bestehen bleibt, wenn die meisten Gäste mit dem Auto anreisen, müssen andere Lösungen her. Um möglichst viele Menschen zum Umsteigen auf das Fahrrad und auf den ÖVPN zu bewegen, denken die Organisatoren derzeit darüber nach, die Anreise mit dem Auto über Parkgebühren zu regulieren.
Umgesetzte Kriterien mit dieser Maßnahme:
- 4.2 Mobilität