Hamburger Hafengeburtstag 2025: Der Rücknahmeautomat für Becher

HAMBURGER HAFENGEBURTSTAG

Hamburg St Pauli
Mai
1,2 Millionen

Rund 1,2 Millionen Besucherinnen und Besucher aus aller Welt feierten vom 9. bis 11. Mai 2025 den 836. Geburtstag von Deutschlands größtem Hafen. Zwischen maritimer Tradition und modernster Hafentechnik, schwimmenden Denkmälern und Einsatzschiffen: An diesem Wochenende wurde der Hafen hautnah erlebbar.

Problematik

Der HAMBURGER HAFENGEBURTSTAG bringt jedes Jahr Millionen Menschen zusammen, um das größte Hafenfest der Welt zu feiern. Bei Großveranstaltungen dieser Art kommen schnell riesige Mengen Becher und Geschirr zusammen. Bei der Nutzung von Einwegbechern beansprucht das nicht nur viele Ressourcen in der Produktion, es verursacht auch große Mengen Müll auf der Veranstaltungsfläche.

. Das steht im Einklang mit § 3 Abs. 4 des Hamburgischen Abfallwirtschaftsgesetz, indem es heißt, “dass bei Veranstaltungen in ihren Einrichtungen oder bei Sondernutzungen im öffentlichen Raum Speisen und Getränke nur in pfandpflichtigen, wiederverwendbaren Verpackungen und Behältnissen ausgegeben werden und die Verwendung von Einwegmaterialien unterbleibt”.

Damit das funktioniert muss die Nutzung von Mehrweg gut durchdacht sein und für alle Beteiligten aufwandsarm funktionieren. Das wird u.a. durch folgende Hürden behindert:

  • Langen Warteschlangen bei Rückgabestellen zu Stoßzeiten
  • Hoher Arbeitslast für Standpersonal
  • Mangel an Rückgabepunkten auf dem gesamten Veranstaltungsgelände

Das gilt auch bei Mehrweg für Speisen, die auf dem Hafengeburtstag ebenfalls (mit Ausnahmen für Papiertüten und unbeschichtetes Papier) vorgeschrieben sind, aber durch aufwendigere Prozesse und höhere Kosten nicht immer zum Einsatz kommen.

Lösungsansatz

Im Rahmen eines Pilotprojekts des Interreg-Programms Change(K)now! wurde auf dem HAMBURGER HAFENGEBURTSTAG 2025 ein Mehrweg- Rücknahmeautomat für Becher getestet. Das Gerät war auf einer Teilfläche installiert, die von der BergmannGruppe bespielt wurde und sollte die Rücknahme von Bechern vereinfachen und das Personal entlasten. Darüber hinaus sollte getestet werden, ob eine Skalierung der Maßnahme bei Folgeveranstaltungen auf weitere Veranstaltungsflächen und auf Speisen zu empfehlen ist.

Dafür wurde ein Automat des Dienstleisters ÖkoRAST gewählt, deren Angebot sich dadurch auszeichnet individuelle technische Bedarfe u.a. für die Erkennung von Behältnissen und Zahlungsoptionen bereitstellen zu können. Darüber hinaus ist die Rücknahmefunktion des Automaten auch auf Speisebehältnisse ausbaubar.

Das Personal auf der Fläche der Gruppe wurde kommunikativ auf den Mehrwegprozess vorbereitet, in der Handhabung instruiert und dazu angehalten, auf den Automaten aufmerksam zu machen. Außerdem standen die Teams von ÖkoRAST und Green Events Hamburg vor Ort für Fragen und mögliche Fehlerbehebungen zur Verfügung.

Umsetzung im Überblick
  • Installation eines Rücknahmeautomaten wie man ihn aus Supermärkten kennt – mit intuitiver Benutzerführung
  • Platzierung in direkter Nähe zum Getränkeverkaufsstand, um logistische Wege zu verkürzen und die Sichtbarkeit zu erhöhen
  • Verankerung des Automaten auf Europalette, damit dieser zum Veranstaltungsende praktikabel in einen abgesicherten Bereich geschoben werden kann
  • Bargeldauszahlung des Pfandbetrages bei Rückgabe in Höhe von 1€, um den Prozess für alle zugänglich zu halten
  • Zweckmäßige und informative Folierung, damit die Nutzung auch ohne zusätzliche Erklärung möglich ist

Bereits im Vorfeld wurde intensiv überlegt, wie die Rückgabe möglichst niedrigschwellig gestaltet werden kann. Dabei war wichtig, dass das System sowohl am Verkaufsstand als auch am Rücknahmeautomaten einheitlich funktioniert – ohne zusätzliche technische Hürden.

Der Verzicht auf digitale Zahlungsmethoden, um den Pfand erstattet zu bekommen, hatte mehrere Gründe:

  • Inklusion: Personen ohne Smartphone oder EC/ Kredit-Karten sollen nicht ausgeschlossen werden.
  • Kostenfaktor: Digitale Zahlungssysteme würde höhere Installationskosten am Automaten verursachen
  • Buchungsgebühren: Rückerstattungen per Karte verursachen Transaktionskosten, die potenziell auf die Getränkepreise umgelegt werden müssten.
  • Netzabdeckung: Bei Großveranstaltungen ist die Netzabdeckung oft eingeschränkt, da viele Menschen gleichzeitig das Mobilfunknetz nutzen.

Rechtliche Hürden: Pfand ist kein Kaufvertrag. Rückzahlungen per EC- oder Kreditkarte sind nur erlaubt, wenn vorher ein entsprechender Betrag über diese Karte eingezogen wurde. Eine allgemeine Rückzahlung per Karte könnte rechtlich als unerlaubter Zahlungsdienst gewertet werden. Deshalb erfolgt die Pfandrückgabe in Deutschland fast ausschließlich in .

Die Folierung des Automaten erklärte den Rückgabeprozess zweisprachig (Deutsch und Englisch) und mit unterstützenden Bildern, um eine möglichst barrierefreie Nutzung zu ermöglichen.

Herausforderung

Anforderungen an Gastronomiebetreibende über Subveranstalterverträge zu kommunizieren reicht oft nicht aus – auch weil diese häufig im hinteren Teil langer Textentwürfe festgehalten sind. Hier bleibt es wichtig, dass sich alle Stakeholder über Erwartungen und Möglihckeiten austauschen.

Im praktischen Betrieb zeigte sich, dass auch ein automatisiertes System neue Anforderungen mit sich bringt:

Begrenzte Systemkompatibilität

Der Testbereich umfasste die begrenzten Veranstaltungsfläche der BergmannGruppe zwischen Fischauktionshalle und Landungsbrücken. Diese erste Testung sollte zunächst die Praktikabilität eines Rücknahmeautomaten evaluieren. Es wurde sich somit dagegen entschieden den Test auf vielen Veranstaltungsflächen und für Speisen zu konzipieren, da dies im Rahmen dieses Projektes für den Start zu komplex gewesen wäre.

Da der Rücknahmeautomat nur die zirkulierenden Becher der BergmannGruppe zurücknahm, konnten Becher, die auf anderen Veranstaltungsbereichen ausgegeben wurden, nicht in dem Automaten zurückgegeben werden. Dies wurde jedoch häufig versucht. Zwar war dies ein Zeichen hoher Akzeptanz, doch führte dies zu Frust bei Besuchenden mit „fremden“ Bechern.

Zudem gab es am ersten Veranstaltungstag Probleme in der Detektion der Becher. Die auf die Becher angelernte Smart-Kamera hatte teilweise Schwierigkeiten die durchsichtigen Becher zu erkennen, wenn größere Schaumrückstände im Becher waren. Dies konnte aber durch eine Anpassung in der Software gelöst werden.

Wenn der Bechersammelbehälter im Automaten voll war oder das Münzfach leer, führte dies zum Betriebsstopp des Automaten. Das wurde nicht immer rechtzeitig bemerkt, da die Abläufe für das Personal noch nicht gelernt waren. Die Überwachung war aufwendig, da das Personal den Automaten nicht dauerhaft im Blick behalten konnte, etwa, wenn parallel der Getränkeverkauf sehr gut lief oder Münzrollen für den Nachschub fehlten.

Im Fall eines Betriebsstopps kamen dann wiederrum Gäste zurück an den Stand, um ihr Pfand dort abzuholen, wenn es am Automaten nicht funktioniert hat. Das sorgte für zusätzlichen kommunikativen Aufwand bei dem Standpersonal.

Bargeld

Zwar gab es viele (oben genannte) Gründe, weshalb sich im Rahmen dieses Pilotprojektes für die Pfandrückzahlung in Bargeld entschieden wurde. Allerdings bleibt Bargeld ein Sicherheitsrisiko, da der Automat nicht rund um die Uhr in Beobachtung ist. Dies veranlasste den Veranstalter im Zuge der Pilotierung dazu, mit einer kleineren Summe Bargeld im Automaten zu testen, was wiederrum dazu führt, dass das Münzfach schnell leer war.

Besonders, wenn ein Veranstaltungsbereich größer ist und mehrere Automaten zum Einsatz kommen, überwiegen wahrscheinlich die Vorteile digitaler Zahlungsmethoden.  Hier wären das regelmäßige Auffüllen von Münzen an den Automaten zeitaufwändig.

Kreislauffähigkeit

Wenn der Automat voll war und der Sack geleert wurde, mussten plötzlich 300 Becher am Stand am Stück gespült werden. Das bedeutete in der Planung, das mehr Becher bestellt wurden und das Nutzungsintervall größer war (weniger Nutzung, weil längerer Prozess).

Bilanz

Trotz der Hürden lässt sich eine insgesamt eine positive Resonanz ziehen:

Hohe Nutzerzufriedenheit Gäste nahmen den Automaten gut an, die Rückgabe funktionierte schnell und unkompliziert und löste teilweise richtige Freude bei den Besuchenden und Betreibenden aus.

Hohe Akzeptanz Die häufigen Versuche, auch nicht zugelassene Becher abzugeben, zeigen ein starkes Nutzungsinteresse und ein bereits verinnerlichtes Rückgabeverhalten.

Im Gegensatz zu Kartensystemen bietet Bargeld mehrere Vorteile Es vermeidet technische Hürden, reduziert die Verweildauer am Automaten und überwindet mögliche Sprachbarrieren. Ein weiterer Pluspunkt: Einzelpersonen können auch die Becher ihres Freundeskreises mit zurückgeben – das ausgezahlte Bargeld lässt sich anschließend unkompliziert untereinander aufteilen.

Arbeitsentlastung Diese fiel geringer aus als erhofft,– unter anderem aufgrund des laufenden Betreuungsaufwands und der eingeschränkten Sichtbarkeit des Automaten.

Die BergmannGruppe würde mit der Umsetzung folgender Learnings sofort wieder Rücknahmeautomaten aufstellen:

  • Erhöhung der Becheranzahl
  • Spülung in einer externen Spülstraße oder gar nach Veranstaltungsende
  • Höhere Bargeldvolumen im Automaten
  • Ausweitung des Automaten auf verschiedene Becheranbieter oder übergreifendes Bechersystem auf der Gesamt-Veranstaltungsfläche

Ob sich Investitionen in die Automaten durch Effizienzgewinne lohnen, ist unklar. Vorstellbar wäre dies vor allem, wenn sich andere Subveranstaltende an Kosten und Nutzen beteiligen, sodass Aufwand und Ausgaben geteilt werden.

Vision

Ausweitung der Rückgabeinfrastruktur
Zusätzliche Rückgabepunkte auf dem gesamten Veranstaltungsgelände könnten die Akzeptanz und Effizienz des Systems steigern, auch wenn die Kosten abzuwägen bleiben.

Integration weiterer Mehrwegprodukte
Zum Beispiel die Rücknahme von Speisebehältern. Diese Option wird derzeit je nach Akteur wie oben beschrieben unterschiedlich bewertet, da dies bedeutet umfangreiche logistische Abläufe aufzubauen, bspw. Für die Spülung der Behältnisse.

Eine vollständige Auswertung steht noch aus, da viele Stakeholder in den Prozess einbezogen und berücksichtigt werden müssen. Dennoch lassen sich bereits einige zukunftsgerichtete Ideen skizzieren:

Ausweitung der Rückgabeinfrastruktur
Zusätzliche Rückgabepunkte auf dem gesamten Veranstaltungsgelände könnten Rückstaus vermeiden und den Rückgabeprozess beschleunigen.

Integration weiterer Mehrwegprodukte
Zum Beispiel Speisebehälter. Diese Option wird derzeit je nach Akteur unterschiedlich bewertet, ist jedoch aus ökologischer Perspektive sinnvoll.

Einsatz von Mehrweg-Scouts
Personen, die direkt vor Ort Logistik, Kommunikation und Fehlersituationen unterstützen – insbesondere bei hohen Besucherzahlen.

Standardisierung und Kompatibilität verschiedener Mehrwegsysteme
Ein zentraler Hebel, um langfristig ein einheitliches und flächendeckendes Rückgabesystem zu etablieren.

Umgesetzte Maßnahmen mit dieser Maßnahme: 

  • 7.4.1. Mehrweggeschirr
  • 7.4.6. Einhaltung der Einwegkunststoffverordnung
  • 9.2.1. Kommunikation mit Besucher:innen
Ein Sack voller Mehrwegbecher – aus dem Inneren des Rücknahmeautomaten c_Nina Laible
Ein Sack voller Mehrwegbecher – aus dem Inneren des Rücknahmeautomaten c_Nina Laible
Das wunderbare Team von ÖkoRast c_AKB
Das wunderbare Team von ÖkoRast c_AKB
Der Automat findet Anklang c_AKB
Der Automat findet Anklang c_AKB
UEFA EURO 2024: Mehrwegpflicht auf der Hamburger Fan Zone