UEFA EURO 2024: Awareness auf der Hamburger Fan Zone

Die Fan Zone Hamburg zur EURO 2024

Heiligengeistfeld in St. Pauli (Bezirk Hamburg-Mitte)
14. Juni bis 14. Juli 2024
600.000
Gesundheit & Sicherheit,

Die Fan Zone in Hamburg, die im Rahmen der UEFA EURO 2024 stattfand, zielte darauf ab, Fußballbegeisterten aus verschiedenen Nationen und Hintergründen einen Ort der Begegnung zu bieten. Auf der Fan Zone trafen sich eine Vielzahl von individuellen Menschen und Fans aus unterschiedlichen Nationen, mit verschiedenen Vorlieben, Vereinen, gesellschaftlichen Positionierungen, vielfältigen Erfahrungen und Meinungen. 

Problematik

Auf Veranstaltungen, insbesondere bei Fußballveranstaltungen, entstehen immer wieder Situationen, die ein Positiv-Erlebnis einschränken und durch übergriffige, grenzüberschreitende und diskriminierende Handlungen negativ auffallen. Ziel der Fan Zone im Kontext Awareness war es, dass sich alle Beteiligten und Besucher:innen wohlfühlen und eine gute Zeit auf der Veranstaltungsfläche mit positiv-bleibendem Eindruck erfahren.   

Lösungsansatz

Der Veranstalter bergmanngruppe entwickelte in Zusammenarbeit mit der Sozialbehörde Hamburg und einem Netzwerk an Hamburger Beratungsstellen (wie empower, Frauennotruf, Queere Vernetzung und anderen) ein Awareness-Konzept. Damit sollten negative Situationen reduziert und Menschen im Umgang mit Diskriminierung oder Grenzüberschreitungen unterstützt werden. Die im Awareness-Konzept beschriebene Schutzarbeit orientiert sich an den Bedürfnissen der Betroffenen.  

Auf der Veranstaltungsfläche wurde durch große Banner und Einblendung auf allen Screens für Awareness auf der Veranstaltung sensibilisiert. Ein großes, geschultes Awareness-Team mit bis zu 12 Personen zeigte täglich Präsenz auf der Veranstaltungsfläche und führte aktiv Gespräche zum Thema Awareness. Das Team bestand aus professionellen Awareness-Mitarbeitenden und Social Volunteers in lila Warnwesten. Die Farbe der Warnwesten diente den Besucher:innen als Erkennungszeichen der Awareness-Mitarbeitenden.  

Das Awareness-Team, sowie Sicherheitsmitarbeitende, Sanitätsdienst und Social Volunteers wurden mit Unterstützung der Hamburger Beratungsstellen und der Sozialbehörde Hamburg vor der Veranstaltung durch eine Intensivschulung auf die Fan Zone vorbereitet. Zur Awareness-Arbeit zählten tägliche Briefings und Nachbesprechungen, sowie die Dokumentation von Tagesvorfällen. Die Vorfälle wurden entsprechend der Gewaltform unterteilt und aufgelistet sowie abends besprochen und mit Vorfällen der bereits vergangenen Tage abgeglichen, um zu prüfen, ob Verhaltensmuster zu erkennen waren. 

Mittels mehr als 200 auf der Veranstaltungsfläche verteilten QR-Code-Stickern konnten Betroffene und Besucher:innen beobachtetes, erlebtes grenzüberschreitendes oder diskriminierendes Verhalten über das Tool Safer Spaces anonym mitteilen und gleichzeitig ihren Standort übermitteln. Mit diesem Tool konnte Betroffenen eine Schutzzone geboten werden, um weitere Maßnahmen einzuleiten, wie z. B. Hilfe durch den Sanitätsdienst, zusätzliche Unterstützung oder Kontakt zur Polizei bei strafrechtlich relevanten Fällen. 

Ein eigener Safer-Space mit Info-Materialien verschiedener Hamburger Beratungsstellen und Hinweisen zu Hilfeangeboten bei verschiedenen Gewaltformen wurde eingerichtet.  

Weitere Maßnahmen umfassten die Prävention von Diskriminierung und Gewalt durch bestimmte Hausregeln wie die Festlegung verbotener Symbole, Marken, Flaggen etc. Die Hausregeln wurden in Absprache mit dem Sicherheitsbeauftragten der Veranstaltung und der Beratungsstelle Empower festgelegt, orientiert am Leitfaden des DFB. In der Fan Zone war es allen Akteur:innen und Besucher:innen untersagt, rassistisches, fremdenfeindliches, extremistisches, diskriminierendes, rechts- bzw. linksradikales Propagandamaterial mitzuführen, selbst wenn es strafrechtlich nicht relevant ist.

Herausforderung

Awareness-Arbeit wurde in der Vergangenheit bei öffentlichen Großveranstaltungen nicht oft umgesetzt. Daher gab es nicht viele Erfahrungswerte im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen wie der Fan Zone zurr EURO 2024.  

Herausforderungen bestanden darin, ausreichend Awareness-Personal in den Vorwegen für bestimmte Tage zu planen, da die Ergebnisse der ersten Spiele der EURO 2024 ausschlaggebend für die weiteren Spieltage waren. Insbesondere bei Deutschlandspielen wurde eine hohe Auslastung erwartet. Da diese nicht im Vorfeld prophezeit werden konnte, mussten Schichtpläne und Personal spontan aufgestockt und koordiniert werden.  

Auch einige Akteur:innen, die auf Veranstaltungen eine wesentliche Rolle spielen, hatten bisher keine unmittelbaren Berührungspunkte mit dem Thema Awareness in der Vergangenheit. Daher war es zwar keine Herausforderung, aber eine wichtige Aufgabe, frühzeitig alle Akteur:innen – wie Sicherheitsdienst und Sanitätsdienst – ins Boot zu holen und gemeinsame Arbeitsabläufe zu besprechen.  

Das Thema Awareness ist auch in der Gesellschaft bisher nicht in allen Teilen angekommen. Bei internationalem Publikum war es daher umso wichtiger, im Vorweg und vor Ort zweisprachig auf das Thema aufmerksam zu machen. 

Bilanz

Die Umsetzung des Awareness-Konzepts wurde spürbar positiv wahrgenommen, sowohl von den Besucher:innen, als auch den Mitarbeiter:innen auf der Veranstaltung. Letztere konnten von Synergie-Effekten mit dem Awareness-Team Gebrauch machen. So konnten zum Beispiel der Sicherheitsdienst sowie die Sanitäter:innen in bestimmten Fällen durch das Awareness-Team entlastet werden.  

Die Besucher:innen haben im Allgemeinen sehr positiv auf das Awareness-Team reagiert und sich oft über Awareness-Arbeit im Allgemeinen informiert. Die QR-Codes wurden während der Veranstaltungszeiten hundertfach gescannt. Das Awareness-Team konnte feststellen, von wo aus viele Meldungen kamen und welche QR-Codes nur gescannt, aber nicht aktiviert, bzw. nur zum Test aktiviert wurden.  

Häuften sich Vorfälle an bestimmten Orten, wurden die Awareness-Teams an Folgetagen nach Absprache mit dem Sicherheitsdienst gezielt dort eingesetzt. Die anfangs eingeplanten acht Personen pro Schicht reichten nicht aus, so dass das Team im Laufe des Veranstaltungszeitraums auf 12 aufgestockt wurde. Somit konnten sechs Fälle parallel abgedeckt werden. Der Safer-Space wurde nahezu täglich genutzt und professionell betreut, dabei waren die Formen der Gewalt unterschiedlich.

Prinzipiell verlief die Fan Zone mit Public Viewing in Hamburg friedlich. Dennoch zeigte das Awareness-Team seine Daseinsberechtigung bei mehreren Einsätzen sowie durch allgemeinen Informationsaustausch zum Thema Awareness.  

Vision

Awareness wird in Zukunft auf Veranstaltungen zunehmend an Bedeutung gewinnen, da das Bewusstsein für Diskriminierung, übergriffiges Verhalten und Gewalt in der Gesellschaft wächst. Veranstaltende aber auch Städte müssen sicherstellen, dass sich alle Gäste, Einwohnenden oder auch Tourist:innen sicher und respektiert fühlen, um ein positives Erlebnis zu ermöglichen. Es wird immer wichtiger, präventive Maßnahmen zu ergreifen und Betroffene aktiv zu unterstützen. Ein gut durchdachtes Awareness-Konzept sollte daher ein zentraler Bestandteil erfolgreicher Veranstaltungen sein und in Sicherheitskonzepte ab einem bestimmten Format integriert werden. 

Umgesetzte Kriterien mit dieser Maßnahme: 

  • 8.2 Gesundheit & Sicherheit 

 

Akteur:innen in der Awareness-Arbeit auf der Fan Zone Hamburg. Quelle: Nina Laible, bergmanngruppe
Mittels mehr als 200 auf der Veranstaltungsfläche verteilten QR-Code-Stickern konnten Betroffene und Besucher:innen anonym ihren Standort übermitteln. Foto: Thomas Panzau
Ein geschultes Awareness-Team mit bis zu 12 Personen pro Schicht, erkennbar an lila Warnwesten, zeigte täglich Präsenz auf der Veranstaltungsfläche. Foto: Thomas Panzau

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