Breminale: Getränke und Speisen ohne Einweg

200.000 – 220.000 Besucher:innen kommen jeden Sommer in Bremen auf den Osterdeichwiesen zusammen, um zur fünftägigen Breminale unzählige Kulturprogrammpunkte wie Konzerte und Theater eintrittsfrei zu genießen. Seit vielen Jahren wird im Kaltgetränke-Bereich ausschließlich mit Mehrweg gearbeitet, seit 2022 gilt auch für Heißgetränke und Speisen ein Einwegverbot.

Problematik

Die Lage direkt an der Weser ist wunderschön. Sie birgt aber auch eine besondere Herausforderung: die Nähe zum Fluss fordert schnelle Reaktion auf Umweltverschmutzung, besser noch – Abfälle müssen im Vorfeld vermieden werden. Die kurze Nutzung von Einweggeschirr für Speisen und Getränke ist nicht nur aus produktionstechnischer und logistischer Sicht unsinnig, sie ist ein messbarer Faktor von Umweltverschmutzung.

Zudem bedarf es in Richtung Standbetreibende viel Aufklärung zu vermeintlich nachhaltigen Geschirrlösungen, wie zum Beispiel Bioplastik, sowie Wissen und Überblick über wirksame Lösungen und Produktangebote.

Unser Deep Dive zum Thema Mehrweg

Warum ‘nachhaltiges’ Einweg nicht die Lösung ist

Lösungsansatz

Lukas Henschen, Projektkoordinator Nachhaltigkeit der concept bureau UG, arbeitet seit Jahren daran, das gastronomische Angebot auf der Breminale einwegfrei zu gestalten. Von circa 50 gastronomischen Ständen beteiligen sich knapp 20 an einem Mehrwegpoolsystem. Alle anderen Anbieter arbeiten mit eigenen Mehrwegsystemen oder bieten ihre Produkte ‘Auf die Hand’ an, das bedeutet, sie werden direkt auf einer Serviette oder im Brötchen angeboten. Einzige Ausnahme ist unbeschichtetes Papier, das zum Verzehr von Rollos, einer Bremer Spezialität, Burritos oder Falafeln genutzt wird, da die im Teig gerollten Speisen sonst ihren Halt verlieren. Der Geschirrdiensleister bringt Becher, Geschirr und Besteck (Polypropylen/ PP) aus Hannover zu einem großen Lager auf dem Festivalgelände. Die Bedarfe der Gastronom:innen werden bei der Stand-Anmeldung abgefragt, es ist den Betreibenden aber auch möglich, spontan einzusteigen. Sie zahlen eine Bereitstellungs- und Reinigungsgebühr an den Dienstleister.

Gäste zahlen jeweils einen Euro Pfand auf Becher und Geschirr des Poolsystems und erhalten dafür eine Pfandmarke. Bieten die Stände bargeldlose Bezahlung an, gilt das auch für Pfand.

Benutztes Geschirr kann bei allen teilnehmenden Ständen zurückgegeben werden. Die Standbetreiber: innen tauschen benutztes Geschirr dann kistenweise gegen sauberes ein.

Herausforderungen

Aufgrund der behördlichen Hygiene-Vorgaben zu reinen und unreinen Bereichen in der Gastronomie darf das schmutzige Geschirr nicht über den Tresen zurückgenommen werden. Die Lösung sind Metallstative mit Geschirrkisten vor den Ständen. Sie ermöglichen Kund:innen eine einfache und hygienische Rückgabe.

Festivalbesucher:innen möchten sich auf der Veranstaltungsfläche treiben lassen. Zentrale Rückgabestellen wären wünschenswert, sind aber aus personellen Gründen noch nicht umsetzbar.

Standbetreibende beanstanden eine zum Teil verlangsamte Produktion: die Größe der Mehrwegprodukte verhindert, ob der geringen Tresengröße, dass viele Portionen gleichzeitig serviert werden können. Ein weiterer Aspekt sind die zurückzulegenden Wege zu den Geschirrlagern, um sauberes Geschirr abzuholen.

Momentan steht in Bremen noch kein regionaler Anbieter eines passenden Mehrwegpoolsystems zur Verfügung. Es braucht viel Kommunikation, um deutlich zu machen, dass Mehrweg auch unter diesem Umstand die bessere Lösung ist.

Bilanz

Der Einsatz von Mehrweg verhindert jährlich rund 140.000 Becher und 104.000 Schalen und Teller. Insgesamt werden so über 2,6 Tonnen Abfall vermieden, das entspricht einer Klimaentlastung von 8,6 Tonnen CO2e. Die Reinigung und Trocknung des Mehrweggeschirrs in der industriellen Spülstraße des Geschirranbieters ist zudem besonders energie- und wassersparend.

Ein Befragung des Instituts für Energie- und Kreislaufwirtschaft an der Hochschule Bremen GmbH auf der Breminale ergab, dass sich mehr als 90% der Festivalbesucher:innen für das Pfandsystem aussprechen, nur 2,5% sind dagegen. Fast 95% sind mit Hygiene und Sauberkeit des Angebots zufrieden und nahezu 80% mit der Organisation von Entleihe und Rückgabe.

Die Attraktivität eines Mehrwegsystems für Standbetreibende hängt entscheidend von den anfallenden Kosten ab. Es braucht Kommunikation und gegenseitiges Verständnis, um den Abfallmengen gemeinschaftlich entgegenzutreten.

Vision

Um dem Ziel Verzicht auf Einweg bei Großveranstaltungen näher zu kommen, arbeitet die Breminale an der Weiterentwicklung des Pfandrückgabekonzepts und baut das Produktportfolio aus.

Für mehr Akzeptanz und Sicherheit bei der Auswahl angewandter Mehrwegsysteme erarbeitet die concept bureau UG gemeinsam mit anderen Akteuren, gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück), an der Entwicklung und Erprobung eines indikatorengestützten Online-Entscheidungssystems zur Auswahl von nachhaltigem Geschirr für Großveranstaltungen.

Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, dem empfehlen wir, sich für die Benachrichtigung zur Veröffentlichung des Tools anzumelden.

Genießen ohne Einweg.
Foto: DUH / Florian Reimann
Am Geschirrlager werden Kisten mit benutztem Geschirr gegen sauberes getauscht.
Foto: DUH / Florian Reimann

Umgesetzte Kriterien mit dieser Maßnahme:

  • 7.3 Mehrweg und Verpackungen

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