CSD Straßenfest: Standbetreiber:innen zu mehr Nachhaltigkeit bewegen

CSD-Straßenfest

Binnenalster (Bezirk Hamburg-Mitte)
an einem Wochenende im Juli/August
über 300.000

Jährlich im August findet rund um die Hamburger Binnenalster während der Hamburg Pride Week das CSD-Straßenfest statt. Jungfernstieg und Ballindamm werden zum queeren Party-Hotspot, Info-, Verkaufs- und Gastrostände wechseln sich ab. In diesem Fallbeispiel geht es um finanzielle Anreize, die Standbetreiber:innen zum nachhaltigen wirtschaften bewegen sollen.

Problematik

Betreiber:innen, die ihren Stand nach nachhaltigen Kriterien führen, müssen in der Regel Mehrkosten stemmen. Denn ihre Arbeit ist aufwendiger, zum Beispiel weil Mehrweggeschirr gespült werden muss, und ihre Anschaffungskosten höher, zum Beispiel von Bio-Lebensmitteln. Gleichzeitig können die Standbetreiber:innen ihre Verkaufspreise meistens nicht im gleichen Maße erhöhen, denn sonst riskieren sie, Kund:innen zu verlieren. Schließlich stehen sie in direkter Konkurrenz mit anderen Ständen. Ihr Geschäft ist deswegen in der Regel weniger ertragreich.

Lösungsansatz

Vor diesem Hintergrund möchten die Veranstaltenden des CSD-Straßenfestes, die AHOI Events GmbH, Standbetreiber:innen belohnen, die nachhaltig wirtschaften. 2022 haben sie deshalb in einer Pilotphase Betreiber:innen, die gewisse soziale und ökologische Kriterien erfüllen, einen Rabatt bei den Standgebühren gewährt. So erhalten Stände einen Rabatt von 5 %, wenn ihr Speiseangebot zu mindestens der Hälfte aus regionalen, biologischen oder fairen Produkten besteht, von 2 %, wenn sie ausschließlich Mehrweggeschirr nutzen, von 1 %, wenn sie umweltschonende Reinigungsmittel verwenden, und von 1 %, wenn sie sich sozial engagieren. Standbetreiber:innen können somit insgesamt einen Rabatt von 10 % erhalten. Mithilfe eines einfachen Nachhaltigkeitsantrags können die Stände den Rabatt beantragen. Mit diesem monetären Anreiz möchten die Veranstaltenden auch solche Anbieter:innen erreichen, die sich bisher noch gar nicht oder wenig mit Nachhaltigkeit befasst haben. AHOI Events GmbH druckt deshalb zudem auf allen ihren Rechnungen einen Hinweis auf den Nachhaltigkeitsrabatt – unabhängig davon, ob dieser gewährt wurde oder nicht. Mit dieser Maßnahme knüpft AHOI Events GmbH an ihr bisheriges Nachhaltigkeitskonzept an: So ist die Verwendung von Einweggeschirr aus Plastik auf dem CSD-Straßenfest ohnehin verboten und auch in den vergangenen Jahren wurden nachhaltige Standbetreiber:innen bereits mit einer besseren Platzierung und einzeln gewährten Rabatten belohnt.

Herausforderungen

Die Ermäßigungen sind vor allem finanziell herausfordernd: Je mehr Rabatte die Organisator:innen gewähren, desto geringer fallen ihre Einnahmen aus. In 2022 war dies unproblematisch, da die Einnahmen durch große konventionelle Gastronom:innen und Händler:innen ausreichten, um die Umsatzeinbußen gegenzufinanzieren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es den Veranstaltenden derzeit nicht möglich sein dürfte, allen Ständen einen Rabatt zu gewähren. Perspektivisch braucht es also eine Lösung für die Finanzierung der Maßnahme. Denn Ziel ist schließlich, möglichst viele Standbetreiber:innen zu nachhaltigem Handeln zu bewegen, also möglichst oft einen Rabatt zu gewähren. Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Kriterien so zu gestalten, dass tatsächlich umweltfreundliches und soziales Handeln – und nicht Trittbrettfahren – belohnt wird. Wenn beispielsweise ein Burgerstand den Rabatt für nachhaltige Speisen beantragt, weil er die Brötchen von einer lokalen Bio-Bäckerei bezieht, die Rindfleisch-Patties jedoch aus Massentierhaltung stammen, dann wäre ein Rabatt nicht angemessen – auch wenn die Hälfte der Zutaten nachhaltig ist. Es ist nicht einfach, hier eine einheitliche, transparente, gerechte und gleichzeitig unkomplizierte Lösung zu finden.

Bilanz

Die Bilanz der Veranstaltenden zur Maßnahme fällt sehr positiv aus: Viele Betreiber:innen, die sich bisher wenig mit ökologischen und sozialen Themen befasst haben, haben ihren Stand in 2022 entlang der Nachhaltigkeitskriterien umgestellt. Zusätzlich wurden den schon länger nachhaltig handelnden Gastronom:innen und Händler:innen der Rabatt gewährt. Insgesamt erhielten etwa 10 Prozent der Stände auf dem CSD-Straßenfest den Nachhaltigkeitsrabatt. Die Organisator:innen betonen, dass es gerade zu Beginn einer solchen Maßnahme hilfreich ist, die Kriterien nicht zu hoch anzusetzen, um auch solche Akteure zu einer Umstellung zu bewegen, die bisher wenig auf Nachhaltigkeit geachtet haben. Bewährt hat sich auch das leicht verständliche und übersichtliche Antragsformular.

Vision

Die Veranstaltenden möchten auch weiterhin Nachhaltigkeitsrabatte gewähren, um möglichst viele Betreiber:innen auf das Thema aufmerksam zu machen und sie gleichzeitig zu belohnen. Sicherlich müssen die Veranstaltenden dabei den Antrag in den nächsten Jahren immer wieder den aktuellen Anforderungen und Bedürfnissen anpassen und auch erweitern. Allerdings erklären die Organisator:innen, dass solche pauschalen Rabatte nur eine Ergänzung zur individuell vereinbarten Rabatten und Absprachen sein können. Denn Listenpreise und Pauschalrabatte werden individuellen und ausgefeilten Standkonzepten oft nicht gerecht.

Beim CSD in Hamburg feiern jährlich mehr als eine Viertelmillion Menschen die Vielfalt.
Fotocredits: AHOI Events GmbH
Nachhaltig handelnde Gastronom:innen und Händler:innen werden beim CSD-Straßenfest mit einer rabattierten Standmiete belohnt.
Fotocredits: AHOI Events GmbH

Umgesetzte Kriterien mit dieser Maßnahme:

  • 3.2 Beauftragung & Verträge 

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