Wie Klimabilanzierung das Veranstaltungscatering befüttert

Im ersten Artikel unserer neuen Blog-Rubrik “Unterm Strich” haben wir euch in das Thema Klimabilanzierungen eingeführt und erklärt, warum diese eine Entscheidungshilfe bei der Wahl von Produkten oder Dienstleistungen für eure Veranstaltungen sein können. Wie versprochen werden wir in diesem Artikel das Thema Catering, insbesondere die dort verwendeten Lebensmittel, unter…

Im ersten Artikel unserer neuen Blog-Rubrik “Unterm Strich” haben wir euch in das Thema Klimabilanzierungen eingeführt und erklärt, warum diese eine Entscheidungshilfe bei der Wahl von Produkten oder Dienstleistungen für eure Veranstaltungen sein können. Wie versprochen werden wir in diesem Artikel das Thema Catering, insbesondere die dort verwendeten Lebensmittel, unter die Lupe nehmen.

Möchten wir für unsere Veranstaltung, sei es ein Festival mit Imbissständen oder ein Empfang mit Buffet, beim Thema Catering nachhaltigere Entscheidungen treffen, gibt es viele Faktoren, die betrachtet werden können: fleischhaltig oder vegetarisch, regional oder exotisch, konventionell oder ökologisch… Wir zeigen euch, welche Unterschiede in der CO2-Bilanz eines Gerichts entstehen können, wenn man auf die Wahl der Zutaten achtet. Als Beispiel dient uns der vielseits beliebte Döner im Fladenbrot, auch Dönertasche genannt.

Fleisch versus veggie

Ein konventioneller Döner mit Rindfleisch, inklusive Zwiebeln, Salat, Tomaten, Fladenbrot und so weiter, hat eine CO2-Bilanz von etwa 3 kg CO2e pro Portion. Ersetzt man das Rindfleisch durch Falafel bei ansonsten gleichbleibenden Zutaten, so verringert sich die CO2-Bilanz auf 529 g CO2e pro Portion, also um mehr als 80 %. Da gerade die Züchtung und Haltung von Rindern besonders emissions- und ressourcenintensiv ist, kann auch der Hähnchendöner eine CO2-Einsparung bedeuten: Pro Kilogramm Rindfleisch entstehen laut dem Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) durchschnittlich bis zu 30 kg CO2e, während für ein Kilogramm Hähnchenfleisch durchschnittlich etwa 5,5 kg CO2e anfallen. Wer also auf Fleisch partout nicht verzichten möchte, kann zumindest durch die Wahl der Fleischart einen Unterschied in der Klimabilanz des Gerichts schaffen. Auch die immer beliebteren Fleischalternativen reduzieren den CO2-Fußabdruck von Speisen. So kommt das Kilogramm vegane Bratwurst auf 1,7 kg CO2e während die konventionelle Thüringer mit einem Ausstoß von 2,9 kg CO2e pro Kilogramm Wurst verbunden ist. Wer also den klimaschonendsten Weg wählen möchte, entscheidet sich am besten für fleischloses Catering, beziehungsweise wählt Imbissbuden aus, die nur vegane und vegetarische Speisen anbieten, wie eben Falafel oder auch reine Gemüsedöner.

A propos Gemüse

Bei den Falafeln im Brot entfallen etwa 25 % der 529 g CO2e auf den Gemüseanteil, also Gurken, Zwiebeln, Salat, Tomaten und so weiter. Daher spielt das Thema Saisonalität hier eine entscheidende Rolle, wenn es um den CO2-Fußabdruck des Gerichts geht. Bei Tomaten verhält es sich ähnlich wie mit den im ersten Artikel thematisierten Erdbeeren, sie haben im Winter trotz deutscher Herkunft mit 2,9 kg CO2e pro Kilogramm Tomaten eine deutlich höhere CO2-Bilanz als im Sommer mit etwa 0,3 kg CO2e. Das liegt daran, dass Tomaten im Winter in beheizten Gewächshäusern unter hohem Energieaufwand gezüchtet werden. Besonders hoch ist die CO2-Bilanz, wenn die benötigte Energie aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Kommen die Tomaten im Winter nicht aus Deutschland, sondern aus den Niederlanden, Spanien oder Frankreich, erhöht sich die Bilanz zusätzlich durch die entstehenden  Transportemissionen.

Die Döner- und Falafeltaschen werden also idealerweise nur im Sommer mit frischen Tomaten aus deutschem Freilandanbau bestückt. Im Winter kann stattdessen auf regional-winterliches Gemüse wie Rot- oder Weißkohl zurückgegriffen werden. Wenn es zum Gericht passt, können statt frischen Tomaten konservierte verwendet werden. Als Veranstalter:in kann ich diese Wünsche klar an die Caterer kommunizieren oder nur solche beauftragen, die überwiegend saisonale und regionale Zutaten verwenden und mit Produzent:innen aus der Region kooperieren, um diese langfristig zu stärken. Informationen und Anregungen dazu gibt es z.B. bei Ackern für Hamburg.

Darf’s auch mal vegan sein?

In jede gute Döner- oder Falafeltasche gehört natürlich auch eine leckere Soße. Ein Bestandteil vieler Soßen und Dips ist Joghurt. Hier lässt sich die Zutatenauswahl am besten anpassen, wenn man auf Milchprodukte verzichtet. Laut ifeu hat 1 kg Natur-Joghurt eine Bilanz von 1,7 kg CO2e. Wählt man hier eine vegane Alternative, zum Beispiel Soja-Joghurt, beträgt die Bilanz nur 0,6 kg CO2e. Auch dieser Unterschied lässt sich zurückführen auf die Emissionen, die zum großen Teil während der Nutztierhaltung entstehen.

Einmal das Gleiche in bio, bitte!

Leider fällt die CO2-Bilanz vieler ökologisch produzierter Lebensmittel im Vergleich zu konventionell angebauten Produkten eher schlechter aus. Dies liegt bei tierischen Produkten vor allem an den tier- und umweltfreundlicheren Haltungsbedingungen, die mit dem Bio-Siegel einhergehen, also zum Beispiel größere und durch weniger Tiere genutzte Weideflächen und längere Lebenszeiten. Dadurch erhöht sich pro Kilogramm Produkt in der Summe der Flächenverbrauch bzw. der Treibhausgasausstoß, was eine geringere Ökoeffizienz zur Folge hat. Für die Böden, Gewässer und Luftqualität vor Ort kann ökologische Landwirtschaft unterm Strich dennoch deutlich ressourcenschonender sein, da sie zum Beispiel den Eintrag von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln reduziert und die Belastungsgrenzen der Ökosysteme wahrt. Auch die Biodiversität profitiert meist von ökologischem Anbau. Dies sollte stets im Hinterkopf behalten werden beim Vergleich von Klimabilanzen biologisch und konventionell produzierter Produkte.

In der Küche geht’s heiß her

Ein weiterer Faktor für die Klimabilanz von Speisen ist der Energieverbrauch für deren Zubereitung und Kühlung. Dieser ist bei den obengenannten Zahlen noch gar nicht einkalkuliert. Effiziente Geräte und Zubereitungsweisen können einen Unterschied machen. Zum Frittieren von Falafel oder auch Pommes etwa gibt es mittlerweile auch energiesparende Induktionsfritteusen, die bis zu 30% weniger Strom verbrauchen als herkömmliche Fritteusen. Heißluftfritteusen hingegen haben den Vorteil, dass sie ohne Öl auskommen. Das macht die Speisen gesünder und erspart die aufwändige umweltgerechte Entsorgung von Restöl. Der Einfluss von Veranstalter:innen mag in diesem Bereich begrenzt sein, doch es kann sich lohnen, bei den zur Wahl stehenden Dienstleister:innen mal nachzufragen und gegebenenfalls Auflagen für eine energieeffiziente Zubereitung und Kühlung zu machen.

Salz macht durstig

Wo Döner, Falafel, Pommes und Co. verspeist werden, sollte auch die flüssige Erfrischung nicht weit sein. Denn schnell stellt sich nach dem Verzehr von salzhaltigem Essen ein intensiver Durst ein. Eine Flasche Wasser verschafft hier Abhilfe. Moment, eine Flasche? Muss es wirklich Mineralwasser aus der Flasche sein, oder erfüllt Leitungswasser hier nicht genauso gut den Zweck? Laut einer Studie von GUTcert aus dem Jahr 2020 fallen für den betrachteten Lebensweg von Mineralwasser die 586-fachen Emissionen im Vergleich zu dem von Leitungswasser an. Dies ist nicht verwunderlich, denn für die Bereitstellung von Mineralwasser sind sehr viel mehr Schritte nötig als für die von Trinkwasser aus der Leitung. Dabei kommt Mineralwasser auf 202,74 g CO2-Äquivalente pro Liter und Leitungswasser auf nur 0,35 g CO2-Äquivalente pro Liter. Zur Verdeutlichung, hochgerechnet auf den jährlichen Flaschenwasserkonsum der Deutschen (aktuell 181,4 L) und die Einwohnerzahl (83.020.000) kommt man auf drei Millionen Tonnen CO2e im Jahr. Das ist in etwa 1,5 mal die Menge, die der innerdeutsche Flugverkehr verursacht. Auch wenn Mineralwasser nicht unbedingt das meistverkaufte Getränk auf Events ist, kann die Veranstaltungsbranche einen Beitrag dazu leisten, diese Emissionen zu reduzieren. Warum nicht bei der nächsten Veranstaltung auf Mineralwasser in Flaschen verzichten und stattdessen Wasserspender bereitstellen oder zumindest Leitungswasser besonders günstig anbieten. Damit wird auch direkt ein Beitrag zum Gesundheitsschutz der Gäste geleistet – besonders bei Open Air Veranstaltungen an so heißen Sommertagen, wie wir sie gerade wieder erleben.

Die vielen Stellschrauben beim Catering

Das Beispiel von Döner, Pommes und Mineralwasser macht deutlich, dass Veranstaltende sich bei der Wahl des Caterings eine Menge Fragen stellen können und diese leider auch nicht immer eindeutig zu beantworten sind. Grundsätzlich müssen Veranstalter:innen selbst Prioritäten setzen und gut umsetzbare Lösungen im Austausch mit den Dienstleistenden finden. Unterm Strich gilt es stets, den ökologischen Fußabdruck unserer Veranstaltungen so gering wie möglich zu halten. Die hier präsentierten Zahlen und Verweise können diesen Prozess unterstützen und wichtige Argumente in der Kommunikation mit sonstigen Stakeholdern liefern. Einige nachhaltige Anbieter:innen von Catering findet ihr natürlich in unserer Tatenbank, dazu gehören etwa Tafelfreuden oder die Hobenköök.

 

Infobox: Klima- und Ökobilanzen

Bei der CO2- oder auch Klimabilanzierung werden die Treibhausgasemissionen ermittelt, die in der Produktions- und Lieferkette eines Produktes entstehen. Für Lebensmittel bedeutet das, dass auch Prozesse wie zum Beispiel die Düngemittelproduktion, die Lebensmittelverarbeitung bis hin zur Verpackung, inklusive deren Entsorgung und die Distribution der einzelnen Lebensmittel bis in die Supermarktregale in die Bilanzierung einbezogen wird. Nicht miteinberechnet sind Prozesse wie der individuelle Einkaufstransport und das Verkochen oder Kühlen der Lebensmittel durch die Endverbraucher:innen. Klimabilanzierungen orientieren sich am Greenhouse Gas Protocol, das Methoden zur Erstellung des CO2-Fußabdrucks liefert. Berechnet werden nicht nur die entstandenen Kohlenstoffdioxid-Emissionen (CO2), sondern auch alle anderen Treibhausgase, z.B. Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Mittels Umrechnungsfaktoren werden diese Emissionen in CO2-Äquivalenten (kurz CO2e), meist pro Kilogramm Produkt angegeben.

Die Klimabilanz stellt einen Teilbereich von Ökobilanzen dar und hat in der letzten Zeit stark an Popularität gewonnen, weshalb hierfür die umfangreichsten Berechnungsgrundlagen und Datensätze vorliegen. In einer Ökobilanz stecken jedoch sehr viel mehr Informationen. Sie wird nach genormten Vorgaben, den ISO-Normen 14040 und 14044, durchgeführt. Danach sollen alle Stoffströme erfasst werden, die Einfluss auf Boden, Luft oder Wasser haben. Das kann sich etwa auf das Versauerungspotential von Gewässern und Böden oder auf Auswirkungen für die Biodiversität und die menschliche Gesundheit beziehen.

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