Deep Dive: Informations- und Werbe-Materialien

Von Hannah Bachmann, Öko-Institut e.V.
Bei Großveranstaltungen werden häufig sogenannte (City) Dressing-Materialien, wie Banner, Bodenaufkleber und Fahnen zur Information, Werbung und Orientierung von Teilnehmenden benötigt. Werden diese Materialien nur temporär eingesetzt, wird sehr schnell Abfall daraus. Wie können diese Materialien nachhaltig beschafft und möglichst lange eingesetzt werden?

Zu diesem Zweck hat das Öko-Institut e.V. im Rahmen des vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMUV) beauftragten Projektes „Circular EURO 2024“ Kriterien erarbeitet, die helfen sollen, diese Materialien nachhaltig zu beschaffen. Die Kriterien orientieren sich an der im Kreislaufwirtschaftsgesetz festgelegten Abfallhierarchie (siehe Abbildung). 

Kreislaufwirtschaftsgesetz

Vor der Veranstaltung 

Die Vermeidung steht hier an erster Stelle: Am nachhaltigsten sind Materialien, die gar nicht erst beschafft werden müssen. Es sollte daher überlegt werden, an welchen Stellen Banner, Fahnen, Schilder und Bodenaufkleber überhaupt benötigt werden und wo auf sie verzichtet werden kann. Bei vielen textilen Materialien kann auch durch die Wahl eines geringen Flächengewichts Material vermieden werden. Dies ist z. B. durch eine Gitterstruktur der Materialien anstelle eines durchgehenden Gewebes möglich, sodass, je nach gewähltem Material, die Hälfte oder mehr an Gewicht gespart werden kann. Dabei variieren die Flächengewichte von ca. 100 g/m² (Fahnenstoffe) bis über 500 g/m² (v. a. PVC-Banner). Diese werden in der Regel vom Hersteller angegeben. Es gilt also je durchlässiger das Material (bspw. durch Gitterstruktur oder Fahnenstoffe) desto leichter, desto geringer der Materialeinsatz.  

Wo Vermeidung nicht möglich ist, sollten bereits in Verkehr gebrachte Materialien, z. B. aus einer vorherigen Veranstaltung bei sich wiederholenden Events, wiederverwendet werden. Solche Materialien sind z. B. bei Material-Initiativen oder anderen (lokalen) Materiallagern erhältlich. 

Wenn keine wiederverwendeten Materialien eingesetzt werden können, sollten recycelte Materialien verwendet werden. Diese sollten aus Endverbraucherabfällen (post consumer Abfälle) und nicht aus Produktions- und Verarbeitungsabfällen stammen, da bei Letzteren die Recyclingquote bereits sehr hoch ist, während bei den Endverbraucherabfällen noch ein großes Potenzial für Recycling besteht und dieses gefördert werden sollte (siehe auch Betz et al. 2022). Diese Materialien werden als „Post Consumer Rezyklate“ (PCR) bezeichnet. Meist bestehen Banner/Fahnen aus recycelten Materialien aus PET-Flaschen-Rezyklat (rPET), langfristig sind Nachweise über die Gütezeichen Blauer Engel (DE-ZU 30a) oder das RAL-Gütezeichen Recyclingkunststoff anzustreben. Die Handreichung für den öffentlichen Einkauf für Kunststoffprodukte kann ebenfalls hilfreich sein (Müller et al. 2021). 

Bei der Verwendung von Kunststoffen kann geprüft werden, ob biobasierte Kunststoffe anstelle von Kunststoffen aus fossilen Rohstoffen eingesetzt werden können. Die Biomasse sollte jedoch aus Abfällen stammen. 

Werden dennoch Neuwaren verwendet, so ist darauf zu achten, dass diese ökologisch vorteilhaft sind. Dazu gehört unter anderem die Recyclingfähigkeit des Materials, dass das Material zertifizierte Rohstoffe enthält oder PVC-frei ist. 

Nach der Veranstaltung 

Auch nach der Nutzung der Materialien bei der Veranstaltung kann die Abfallhierarchie als Orientierung dienen, um zu verhindern, dass die Materialien nach der Veranstaltung im Abfall landen. Das bedeutet, dass Materialien vorrangig einer sinnvollen Wiederverwendung zugeführt werden sollten. Dies kann bereits bei der Materialauswahl und beim Druck berücksichtigt werden: Bei der Beschaffung können Unternehmen bevorzugt werden, die die Wiederverwendung aktiv unterstützen. Ebenso kann beim Druck darauf geachtet werden, dass „neutrale“ Texte verwendet werden sowie der Druck von Jahreszahlen vermieden wird, so dass eine Wiederverwendung bei ähnlichen Anlässen möglich ist. Nach Möglichkeit sollte nur einseitig bedruckt werden, so dass die unbedruckte Rückseite für andere Zwecke genutzt werden kann. Können Hersteller die Wiederverwendung nicht unterstützen, empfiehlt sich eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit Material-Initiativen und -lagern, da diese für die Materialvermittlung einen gewissen Vorlauf benötigen. 

Ebenso sollten bei der Beschaffung generell Materialien bevorzugt werden, die recyclingfähig sind. Dabei sollte ein hochwertiges (= das Rezyklat ersetzt Neuware in materialtypischen Anwendungen, was ökologisch am vorteilhaftesten ist (Knappe et al. 2021)) und hochgradiges (= ≥ 90 % des Gesamtgewichts der Materialien sind hochwertig recycelbar) Recycling sichergestellt werden. Dies bedeutet in der Regel, dass Monomaterialien verwendet werden sollten.  

Bei der Auswahl von Kunststoffen sollten Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) gegenüber Polyethylenterephthalat (PET, auch Polyester) und dieses gegenüber Polystyrol (PS) bevorzugt werden, da bei ersteren die Wahrscheinlichkeit eines hochwertigen Recyclings höher ist (Grummt et al. 2023). PVC sollte bei Neuware vermieden werden (u. a. aufgrund der verschiedenen Additive, die zu Problemen für die Umwelt und die menschliche Gesundheit führen, siehe auch Europäische Kommission 2022). Biobasierte Monomaterialien (d. h., aus 100 % Papier/Zellulosefasern/Holz) oder Karton lassen sich gut recyceln und verursachen in der Primärproduktion eine geringere Umweltbelastung als Kunststoffe und sollten diesen daher, wenn möglich, vorgezogen werden. 

Darüber hinaus sollten Materialien bevorzugt werden, die die Kriterien einschlägiger Zertifikate erfüllen (z. B. Blauer Engel für Textilien, Grafische Papiere und Kartons oder Druckerzeugnisse). Lokale Anbieter und Materialien sollten gewählt werden, um kurze Wege zu gewährleisten, aber die Auswahl ökologisch vorteilhafter Materialien hat Vorrang. 

Letztlich ist bei der Materialbeschaffung oft im Einzelfall abzuwägen, insbesondere wenn auch soziale und ökonomische Aspekte berücksichtigt werden. 

 

Literaturverzeichnis

Betz, J., Hermann, A., Bulach, W., Hermann, C., Dieroff, J., Mehlhart, G., Müller, R., Wiesemann, E. (2022): Prüfung konkreter Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage nach Kunststoffrezyklaten und rezyklathaltigen Kunststoffprodukten. Umweltbundesamt. Online verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/pruefung-konkreter-massnahmen-zur-steigerung-der. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

Blauer Engel (2013): Produkte aus Recycling-Kunststoffen – (DE-UZ 30a). Online verfügbar unter: https://produktinfo.blauer-engel.de/uploads/criteriafile/de/DE-UZ%2030a-201603-de%20Kriterien.pdf. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

Blauer Engel (2023): Der Blaue Engel für Textilien (DE-UZ 154) – Informationen für Hersteller und Handel. Online verfügbar unter: https://www.blauer-engel.de/de/publikationen/detail/der-blaue-engel-fuer-textilien. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

Blauer Engel (2024): Grafische Papiere und Kartons aus 100% Altpapier (Recyclingpapier und -karton) (DE-UZ 14a). Online verfügbar unter: https://www.blauer-engel.de/de/produktwelt/grafische-papiere-und-kartons-aus-100-altpapier-recyclingpapier-und-karton. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

Blauer Engel (2024): Umweltfreundliche Druckerzeugnisse (DE-UZ 195). Online verfügbar unter: https://www.blauer-engel.de/de/produktwelt/druckereien-und-druckerzeugnisse. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

Europäische Kommission (2022): The use of PVC (Poly Vinyl Chloride) in the context of a non-toxic enviroment: final report. Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union. Online verfügbar unter: https://data.europa.eu/doi/10.2779/375357. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

Grummt, S., & Fabian, M. (2023): Praxis der Sortierung und Verwertung von Verpackungen im Sinne des §21 VerpackG 2021/2022. Umweltbundesamt. Online verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/praxis-der-sortierung-verwertung-von-verpackungen-0. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

Knappe, F., Reinhardt, J., Kauertz, B., Oetjen-Dehne, R., Buschow, N., Ritthoff, M., Wilts, H., Lehmann, M. (2019): Technische Potenzialanalyse zur Steigerung des Kunststoffrecyclings und des Rezyklateinsatzes. Umweltbundesamt. Online verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/technische-potenzialanalyse-zur-steigerung-des. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

Müller, R., Wiesemann, E., Hermann, A., Dieroff, J., Betz, J., & Bulach, W. (2021): Beschaffung von Kunststoffprodukten aus Post-Consumer-Rezyklaten. Umweltbundesamt. Online verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/beschaffung-von-kunststoffprodukten-aus-post. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

RAL Gütezeichen (2018): Online verfügbar unter: Nachweis für den Anteil an Rezyklaten aus hauhaltsnahen Wertstoffsammlungen – Gütesicherung RAL-GZ 720: https://www.ral-guetezeichen.de/pdfgz/viewer.html?file=/720/RAL-GZ_720.pdf&magazineMode=true. Zuletzt aufgerufen am 10. Juni 2024

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