Finaler Talk und Feierstimmung
Der letzte F2NT läutete den 6. Geburtstag von Green Events Hamburg ein – und drehte sich um Mut für Veränderung, Unternehmenskultur und nachhaltige Innovation.
Fehlerkultur, Transformationsprozesse und Innovationen für die Gesellschaft
Für den letzten Futur 2 Nachhaltigkeitstalk blätterten wir zurück ins erste Kapitel der Green Events Checkliste – zu Unternehmensführung und Organisationskultur. Wir luden ein in die barbarabar in Hamburg und zum Live-Stream – und verbrachten eine stimmungsvolle Hybridveranstaltung. Unsere Redner:innen Terry Krug, Organisationsentwicklerin und 1. Vorsitzende der Clubstiftung, und Tanju Boerue, Mit-Organisator der F2NT- Reihe und Produktioner des Reeperbahn Festivals saßen zusammen auf dem Sofa in der barbarabar – und sprachen über Unternehmenskultur, Transformationsprozesse und wie Veranstaltende die Gesellschaft bereichern können. Sie ließen die Pilotphase Revue passieren, an der sie beide aktiv mitgewirkt hatten, und nahmen anregende Fragen aus dem Publikum entgegen. Am Fallbeispiel des Reeperbahn Festivals gingen die zwei ins Detail, wie man als Event zur Nachhaltigkeit und einem eigenen Leitbild findet und dann auch dran bleibt.
Wie stoßen Veranstaltende notwenidge Veränderungen ohne Angst und Vorbehalte an?
Beide sind sich direkt einig, wie zentral es ist, bei all den verschiedenen Herausforderungen, unangenehmen Fragen an sich selbst und langen Prozessen, das Thema Nachhaltigkeit mit Spaß anzugehen. „Doch, wie stoßen Veranstaltende notwenidge Veränderungen ohne Angst und Vorbehalte an?“, fragt Tanju. Um das zu beantworten, tauchte der F2NT ein in das große Feld der Unternehmenskultur: „Veränderungen werden meist strategisch geplant – Man setzt sich ein Ziel und entwickelt Maßnahmen. Doch ich kann euch sagen: ‚Culture eats strategy for breakfast‘“, erklärt Terry trocken, „Unternehmenskultur ist zum einen alles, was ich sehe.“ Von der Anordnung der Parkplätze, über die Einrichtung der Büros, der Größe der Schreibtische bis hin zur Lampe an der Decke, … dahinter verbirgt sich aber noch viel mehr, denn das sei nur „der sichtbare Teil, sozusagen die Spitze des Eisbergs“, sagt Terry.
Werte können Kleinigkeiten sein. Und auch kollidieren
„Der viel wichtigere Teil, um Veränderungen vorzunehmen, ist der untere Teil des Eisbergs. Den sieht man nicht so genau, doch da sitzen die Werte und vor allem auch die Erfahrungen, die alle mitbringen“, führt Terry aus. Auch Ängste sitzen dort, oder der Mut, etwas auszuprobieren. „Werte können Kleinigkeiten sein. Und auch kollidieren,“ sagt Terry und betont, wie unabdingbar es ist, eine Umgebung zu schaffen, die diesen verschiedenen Werten Raum gibt. Damit eben nicht die Unternehmenskultur die Strategie direkt zum Frühstück verspeist, sondern Raum für Veränderungen bietet. Sie erzählt von Arbeitsatmosphäre, die Lust macht zu arbeiten: große Räume, Experimentierflächen, Spielplätze, wo man loslegen kann.
Die bauen Türme, die laufend umfallen, stellen lauter Fragen, und entdecken die Welt ständig neu
Dabei können wir von Kindern lernen: „Denn die bauen Türme, die laufend umfallen, stellen lauter Fragen, und entdecken die Welt ständig neu“, sagt Terry schmunzelnd, „und irgendwann werden wir dann erwachsen und meinen, dass wir das nicht mehr dürfen.“ Dabei ist es wichtig eine Fehlerkultur zu entwickeln: „Denn wenn man etwas Neues anfängt, geht natürlich mal was schief. Aber Fehler können ganz große Chancen sein.“ Sie erzählt von berühmten Ideen wie Post-its, die erfunden wurden, als ein neu entwickelter Kleber nicht gut funktionierte. Und von der Tarte Tatin, ein Kuchenklassiker der französischen Küche, der verkehrt herum gebacken wird – was eines Tages daraus entstand, dass jemand vergaß den Boden unten in die Tarte-Form zu legen…
Veränderung braucht Begleitung
Neben der Fehlerkultur und dem Mitdenken der Werte ist es wichtig, alle im Team einzubeziehen in die Visions- und Strategieentwicklung: „Wollt ihr etwas verändern, macht es nicht von oben nach unten – nehmt alle mit“, stellt Terry klar. Sie erzählt von einem Workshop, den sie als Expertin in der Pilotphase für einen Sportverein gegeben hat. Sie berichtet, wie sie mit einem Impuls anfing, um Wissen auf breiter Basis zu schaffen, um den Horizont zum Thema Nachhaltigkeit zu erweitern. Wie sie etwas für den Teamgeist spielen ließ und dann eine Wunschproduktion in Gang setze: „Das geht zum Beispiel mit einem Cover Story Vision Canvas, mit dem man das Titelblatt einer Zeitung in in der Zukunft gestaltet“, führt Terry aus, „und auf dieses Titelblatt bringen dann die Mitarbeitenden in verschiedenen Kleingruppen ihre Visionen für das Unternehmen ein. Es geht darum, Wünsche zu äußern, sich keine Grenzen zu setzen, um eine Motivation zu schaffen.“ Aus einer solchen Aufgabe können Meilensteine für nachhaltige Veränderungen hervorgehen. Wichtig: Changeprozesse werden nicht an einem Tag und auf dem Reißbrett geplant, danach heißt es dranbleiben. Denn: „Veränderung braucht Begleitung“, stellt Terry klar.
Das macht mir Hoffnung
Auch auf das Thema Corona-Pandemie und was es alles für die Kulturszene bedeutet, kamen Terry und Tanju zu sprechen. Terry fragte Tanju, welche Aha-Momente und welche Herausforderungen das Reeperbahn Festival hatte: „Eine wichtige Aufgabe letztes Jahr war, die Menschen – die Betreibenden, die Gäste – aus einer Angststarre zu holen, sodass sich wieder etwas bewegen kann,“ erzählt Tanju, „Dieses Jahr war es schwieriger als im Vorjahr Personal zu bekommen – viele Menschen sind abgewandert zu krisenfesteren Jobs. Was aber spannend war: Auf unsere dieses Jahr ausgeschriebene Auszubildenden-Stelle in der Produktion haben sich so viele beworben wie noch nie. Das macht mir Hoffnung, dass unser Job doch nicht auf der schwarzen Liste zukunftssuchender Menschen gelandet ist. Aber was wir jetzt machen müssen – besonders im Hinblick auf die Hunderttausenden Solo-Selbstständigen – ist, sich zusammenzutun. Und nach außen hin verdeutlichen, was und wer alles dazugehört, eine Kulturveranstaltung, ein Live-Event auszurichten – dass zwischen Künstler:in und Club noch 26 andere Leute stehen, die auch alle Unterstützung brauchen. Das muss gesehen werden, wenn es um Soziale Nachhaltigkeit geht.“
Dann kommen wir dahin, dass wir an der Welt was ändern
Über zahlreiche weitere Fragen und Themen rund um Unternehmenskultur für Veränderungsprozesse schloss der Talk mit einer Diskussion über die Rolle von Unternehmen bei gesellschaftlichen Herausforderungen. „Wir brauchen die vielen Visionär:innen, die Nachhaltigkeit in die breite Masse tragen“, stellt Tanju fest. Terry stimmt zu, würde gerne aber noch mehr Bewegung in der Veranstaltungswirtschaft sehen. „Nach den Lockdowns wurde weiter gemacht wie vorher… Wo ist der gesellschaftliche Mehrwert, den ein Festival leistet?“, sagt Terry.
Sie appelliert, über den oft ersten Schritt – Nachhaltigkeitsmaßnahmen umzusetzen, damit wirtschaftliche Vorteile entstehen und sich die Gäste wohlfühlen – hinausgehend alle Dimensionen von Nachhaltigkeit hochzuhängen. „Dabei brauche ich auch Hilfe: Wie kann aus meinen Unternehmen ein Social Business werden… Das ist etwas, was ich aus der Green Events Pilotphase mitnehme. Da bin ich noch nicht. Doch das ist für mich Innovation: als Unternehmen eine gesellschaftliche Herausforderung lösen. Erst dann kommen wir dahin, dass wir an der Welt was ändern“, sagt Terry motiviert.
Geburtstagsfeier bis spät in die Nacht
Nahtlos ging der finale Futur 2 NachhaltigkeitsTalk über in die Geburtstagsfeier: Bei angeregten Gesprächen und leckeren Getränken in der barbarabar feierten die Gäste und das Green Events Team sechs Jahre GEHH. Stießen an auf all die Begegnungen im Netzwerk – und auf die zahlreichen Nachhaltigkeitserfolge und -innovationen, die die verschiedenen teilnehmenden Akteur:innen bereits erreicht haben und noch anstreben.
In den Futur 2 NachhaltigkeitsTalks haben wir seit April 2021 Schwerpunkte unserer Checkliste mit Gästen aus Theorie und Praxis genauer beleuchtet. Weitere Informationen zu allen Talks findet ihr hier