Veranstaltungen bringen Menschen zusammen, sie bieten einen Raum für Austausch und Ausgelassenheit. Das klingt erst einmal wie ein großer Gegensatz zu den aufgrund der Coronapandemie geltenden Abstandsregeln und Hygienekonzepten. Doch auch wenn die Anpassung an Abstandsgebote und andere Hygieneregeln für viele erstmal gewöhnungsbedüftig waren, haben wir uns alle gefreut, dass im letzten Sommer zumindest Outdoor-Veranstaltungen durchgeführt werden konnten.
Viele Veranstalter:innen haben großes Engagement gezeigt mit gut ausgearbeiteten Hygienekonzepten im „Corona-Sommer“ wieder ein bisschen Kultur, Abwechslung und Unterhaltung zu ermöglichen.
Wir haben beobachtet, was im letzten Jahr stattfinden konnte, und uns gefragt:
Wie ist es möglich ist, in Zeiten von Corona und Abstandregeln Stadtteile und Menschen auf Veranstaltungen zusammenzubringen?“
Klar ist, dass Veranstaltungen in Coronazeiten andere Schwerpunkt haben als vorher. Dennoch macht es Hoffnung, dass auch hier Begegnungen enstehen und Partizipation ermöglicht wird. Und vielleicht lassen sich aus diesen aus der Not geborenen Ideen sogar noch positive Aspekte in eine Zukunft nach Corona übertragen.
- Was waren eure Ziele für die Programmplanung und Durchführung der altonale kurz&schmerzlos? Auf welche Aspekte eurer Veranstaltungen aus den Vorjahren habt ihr verzichtet?
„Das Ziel war, unter den gegebenen Einschränkungen, eine atmosphärisch dichte, komprimierte und konzentrierte Kurzfassung des Festivals durchzuführen. Mit den Besucher:innen und beteiligten Künstler:innen „kontaktlos“ in den Kontakt über das Medium Kunst und Kultur zu treten. Dafür haben wir neue Wege ausprobiert. Zum Beispiel wurden zwei Ausstellungen für den öffentlichen Raum zu verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen entwickelt: Zum einen ging es um die Visualisierung bestimmter SDGs in Form von kunstvollen Plakatmotiven verbunden mit konkreten Handlungsansätzen und zum anderen wurde eine Ausstellung zum Thema Lebensmittelverschwendung konzipiert.
Beide Ausstellungen basierten auf einer Online-Befragung bestimmter Akteur:innen und der Öffentlichkeit, die vor dem Festival digital durchgeführt wurden. Somit waren die Ausstellungen auch partizipativ ausgerichtet. Die Ergebnisse wurden dezentral im Park am Platz der Republik ausgestellt.
Verzichten mussten wir auf Informationsstände oder Workshopangebote von Nachhaltigkeitsakteur:innen. Ein Straßenfest in den Straßen von Altona mit verschiedenen Meilen und Märkten konnte nicht stattfinden. Die Konzentration lag auf wenige Spielorte im und rund um den Park: Unser Festivalzentrum mit eigenen gastronomischen Angebot haben wir so ansprechend und offen wie [unter den Umständen] möglich gestaltet. In mittelbarer Nähe zur Gastrofläche befand sich eine kleine Bühne für ein kleines, feines musikalisches Programm. Außerdem haben wir ein Filmprogramm zum Thema Black Lives Matter zusammengestellt und unter freiem Himmel im Park auf einer großen Leinwand gezeigt.
In den rund um den Park liegenden Institutionen, wie Altonaer Museum, Christianskirche und Alfred Schnittke Akademie haben wir ein vielfältiges Programm aus allen Kultursparten unter dem jeweils geltenden Hygienekonzept für max. 50 Personen veranstaltet. Die Atmosphäre im Park und an den anderen Veranstaltungsorten war fast intim und damit auch intensiver. Durch die Reduzierung des Programms war die Aufmerksamkeit des Publikums für das, was geboten wurde, entsprechend höher.
Das Festival ging über 4 Tage und umfasste 25 Veranstaltungen, die nahezu alle ausverkauft waren. Normalerweise läuft die altonale über 17 Tage mit über 150 Veranstaltungen. Die Zuschauerkapazität war natürlich begrenzt, pro Veranstaltung konnten aufgrund der Raumgröße so um die 50 Sitzplätze eingerichtet werden.“
- Wie konntet ihr durch die Gestaltung des Veranstaltungsortes in diesem Jahr dafür sorgen, dass Abstände und Hygieneregeln eingehalten werden und gleichzeitig offene Begegnung möglich waren?
„Wir haben viele Ehrenamtliche eingesetzt, die Fragen beantwortet und auf die Hygieneregeln aufmerksam gemacht haben. Am Festivalzentrum im Park wurden keine Zäune aufgebaut oder Zuwege versperrt, sondern auf Schilder zur Orientierung und direkte Kommunikation gesetzt. Es wurde ein Wegeleitsystem mit Tauen und Kordeln eingerichtet. Auf der gekennzeichneten Gastrofläche konnten max. 100 Personen Platz nehmen, die Veranstaltungsfläche mit kleiner Bühne war für 50 Personen ausgerichtet. Der Park an sich war weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich. Wer die Veranstaltung sehen wollte, musste sich vorab online einen Sitzplatz gegen eine geringe Gebühr reservieren. Das Verhalten der Besucher:innen war toll – regelkonform und rücksichtsvoll.
Die zahlreichen an der altonale Mitwirkenden waren ebenfalls sehr präsent an den vier Tagen, um mit gebotenem Abstand den Besucher:innen zu begegnen und sich auszutauschen. Auch wir hatten eine intensive Zeit. Da das Programm eher „leise“ und konzentriert war, war auch die Stimmung nicht partymäßig, vielmehr offen und entspannt.“
- Welche Rückmeldungen von Besucher:innen haben euch erreicht? Was waren Erfolge? Gab es Misserfolge?
„Die Besucher:innen haben sich vielfach dankbar gezeigt, wieder ein bisschen Kultur geboten zu bekommen. Wir haben viel Zustimmung dafür erhalten, trotz der Herausforderungen etwas auf die Beine gestellt zu haben. Sie haben sich gefreut, in Resonanz mit Kunst und Kultur zu kommen. Sicher wurde auch einiges vermisst – am meisten wahrscheinlich das Tanzen, sich gemeinsam zu Musik zu bewegen. Auch die Spontanität, zu einer Veranstaltung einfach ohne Reservierung gehen zu können und sich treiben zu lassen, wurde vermisst. Das ging uns genauso.
Manche haben sich sicher auch eine ausgelassenere Stimmung gewünscht. Es gab schon ein Korsett und das bestand in der Einhaltung der AHA-Regeln. Von Misserfolgen kann ich aber nicht sprechen. Auch die beteiligten Künstler:innen waren guter Stimmung, sie haben sich gefreut, vor einem Publikum zu stehen und wieder aufzutreten.“
- Welche Ideen und Pläne haben sich aus dem Jahr 2020 für die Zukunft ergeben?
„Wir haben sehr viel aus kurz&schmerzlos gelernt. Am meisten bewegt uns das Thema Reduktion, Konzentration und höhere Intensität – oder auch: weniger ist mehr. Die einzelnen Veranstaltungen kamen mehr zum Vorschein. Wir hatten den Eindruck, die Menschen wünschen sich Orte, an denen sie entspannt einfach „Sein“ können. Wo sie zuhören, mitschwingen, mitreden, nachdenken, sich auseinandersetzen und gemeinsam etwas erleben können. Wo sie in Resonanz mit Anderen und der Kunst sind, etwas Neues abseits der Alltagsroutine erfahren.
Vielfach gab es das Feedback: „Ich fühle mich wieder lebendig!“ Diese wertvollen Erfahrungen in puncto Programmgestaltung und Begegnung mit dem Publikum werden wir in unsere zukünftigen Aktivitäten einfließen lassen und in der einen oder anderen Form übersetzen.“
Wir bedanken und herzlich bei Heike Gronholz für das Interview.
Fotocredit: Thomas Panzau