DEEP DIVE: Wie Transporte klimafreundlich organisiert werden
Logistik als Schlüssel zur nachhaltigen Eventgestaltung
Ob Materialanlieferung, Crew-Mobilität oder Bühnenaufbau – die Veranstaltungslogistik ist ein häufig unterschätzter Klimafaktor. Gerade hier entstehen zahlreiche Transportwege und damit erhebliche Treibhausgasemissionen. Wer jedoch Fahrten gezielt reduziert, auf emissionsarme Fahrzeuge setzt und regional beschafft, kann diese Emissionen massiv senken – ohne Qualität oder Ablauf zu gefährden. Die Logistik wird damit zu einem zentralen Hebel für klimafreundliche Events.
Die unsichtbare Klimabilanz der Veranstaltungslogistik
Die Logistik in der Kultur- und Veranstaltungsbranche trägt wesentlich zum ökologischen Fußabdruck bei – findet jedoch oft wenig Beachtung. Laut Umweltbundesamt war der Verkehrssektor 2022 für rund 20 % der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Auch bei Veranstaltungen ist Mobilität die Ursache für einen Großteil der entstehenden Emissionen. Nach der Publikumsanreise schlagen vor allem Transporte von Technik, Infrastruktur, Materialien und Personal zu Buche. Viele Fahrten erfolgen im Zweifel kurzfristig, unkoordiniert oder mit ineffizienten Transportmitteln. Zudem sind externe Dienstleistende oft nicht systematisch in nachhaltige Logistikkonzepte eingebunden. Die Folge: unnötige Emissionen, verpasste Einsparpotenziale und das trotz oft vorhandener technischer und organisatorischer Möglichkeiten. Es braucht klare Verantwortlichkeiten, praktikable Standards und vor allem: einen belastbaren Logistikplan.
Strategien für eine nachhaltige und effiziente Veranstaltungslogistik
1. Emissionen senken durch systematische Planung
Ein durchdachter Logistikplan ist ein Muss für jede nachhaltige Veranstaltung. Er legt die Grundlage dafür Fahrten zu reduzieren, Synergien zu nutzen und Emissionen aktiv zu vermeiden. Erfasst werden sollten dabei u.a.:
- Was wird wann, von wo aus, wohin, durch wen transportiert – und mit welchem Fahrzeug?
- Wo können Transporte gebündelt oder vermieden werden?
- Lassen sich leichtere oder modularere Materialien einsetzen, um Transportvolumen zu senken?
Beispielvorlage Logistikplan, Tab „Erfassung Logistik GESAMT“
Beispielvorlage Logistikplan, Tab „Erfassung Logistik & Carpässe GEWERK“
2. Einsatz emissionsarmer Fahrzeuge
Wo Fahrten nicht vermeidbar sind, sollten emissionsarme oder -freie Fahrzeuge eingesetzt werden, z.B.:
- E-Karts und Fahrräder für Crew-Transporte auf dem Gelände
- Elektro-Stapler und Lastenräder für Materiallogistik
- HVO-Kraftstoff als klimafreundlichere Alternative zu fossilem Diesel
- Euro-6d-Norm für unvermeidbare Verbrennerfahrten
Gerade für kurze, häufige Fahrten sind E-Fahrzeuge nicht nur klimafreundlich, sondern auch praktisch – leise, wendig und wartungsarm (z.B. Spaceshuttle, Trafö/Linde, Divaco, Strassenfrachter, tricargo u.v.m.). Wichtig ist dabei die Nutzung von 100 % zertifiziertem Ökostrom zum Laden der Fahrzeuge und ein Ladeplan, der den Energiebedarf mit den Einsätzen der Fahrzeuge abstimmt. So lassen sich Ladeengpässe vermeiden und Betriebsausfälle verhindern – insbesondere bei parallelem Betrieb mehrerer Fahrzeuge.
Tipps zur Erstellung eines Ladeplans:
- Ladefenster frühzeitig definieren
- Puffer einplanen (Stromausfall, Verzögerungen passieren auf der besten „Baustelle“)
- Lastmanagement prüfen (wie viel Leistung steht gleichzeitig zur Verfügung)
- Sichtbarmachen/Kennzeichnen der Ladepunkte, sodass sie für das zuständige Personal leicht zugänglich sind
- Ladezustände und Nutzung dokumentieren, um Erfahrungswerte für Folgejahre zu gewinnen
Alternative Kraftstoffe wie HVO sind eine gute Übergangslösung, wo Kraftstoff unvermeidbar ist – z.B. über Anbieter wie Toolfuel. Viele Dienstleistende liefern inzwischen bereits mit HVO betankte Geräte – einfach gezielt nachfragen und in Ausschreibungen berücksichtigen.
Die direkte Einflussnahme auf eigene Flotten ist leichter realisierbar als bei externen Dienstleistenden. Dennoch lohnt es sich, auch diesen Mindestanforderungen an emissionsarme Transportmittel mitzugeben – etwa über Verträge oder Briefings.
3. Regionale Beschaffung
Was lokal beschafft wird, muss nicht transportiert werden, oder zumindest nicht so weit. Wer Technik, Dekoration, Bühnenmaterial oder Catering möglichst aus der Region bezieht, reduziert automatisch Transportwege und gewinnt Flexibilität bei kurzfristigen Änderungen. Das hat positive Wirkung auf Emissionen und Zeitplanung der Veranstaltung. Zudem stärkt eine regionale Beschaffung die lokale Wirtschaft.
4. Carsharing und E-Shuttles für Dienstleistende
Nicht nur Crew und Artists profitieren von nachhaltiger Mobilität: Auch Dienstleistende können eingebunden werden – ein Nice to Have, aber umsetzbar durch z.B.:
- Kooperationen mit E-Carsharing-Anbietenden
- Bereitstellung von elektrischen Shuttles für Anlieferung und Aufbau
- Anreize zur Bahnanreise (z.B. Erstattung Deutschlandticket/Bahntickets)
5. Daten erfassen, Wirkung belegen
Nachhaltige Logistik braucht messbare Erfolge. Ein Monitoring auf Grundlage des Logistikplans hilft, Optimierungspotenziale zu identifizieren und Erfolge nachzuweisen. Sinnvoll zu erfassen sind z.B.:
- Anzahl und Art der Fahrten (inkl. eingesetzte Fahrzeuge)
- Transportvolumen je Strecke
- CO₂-Emissionen (z.B. berechnet mit Tools wie EcoTransIT)
Nachhaltige Logistik: Planen, Handeln, Messen
Nachhaltige Veranstaltungslogistik beginnt also bei der Planung und entfaltet ihre Wirkung durch Umsetzung und Monitoring. Wer Transporte reduziert, auf emissionsarme Fahrzeuge setzt und regionale Beschaffung priorisiert, kann den ökologischen Fußabdruck von Veranstaltungen deutlich senken. Entscheidend ist, Dienstleistende frühzeitig einzubinden, klare Standards zu setzen und zu kommunizieren, und Fortschritte sichtbar zu machen. So wird Logistik nicht zur Belastung, sondern zum echten Klimabeitrag hinter den Kulissen.
Quellen:
- Umweltbundesamt (2023): Treibhausgasemissionen nach Sektoren – https://www.umweltbundesamt.de/daten/verkehr/emissionen-des-verkehrs#verkehr-belastet-luft-und-klima-minderungsziele-der-bundesregierung
- Labor Tempelhof Guidebook (2024): Mobilität & Logistik – https://guidebook.labor-tempelhof.org/mobilitaet-logistik/
Autor:innen:
Loft Beneficial ist die Nachhaltigkeitsabteilung von Loft Concerts und entwickelt praxisnahe Strategien für 360° kreislauforientierte Konzerte und Veranstaltungen. Als Schnittstelle zwischen ökologischer, sozialer und ökonomischer Verantwortung sowie kultureller Praxis begleitet Loft Beneficial ihre Partner*innen bei der Umsetzung konkreter, messbarer und wirkungsvoller Nachhaltigkeitsmaßnahmen.