Skandaløs: Wetterwechsel im Extremformat

Mitten in der Natur, nahe des Hülltofter Tiefs, findet alle zwei Jahre das Skandaløs Festival für Musik und Utopie statt – in und mit Nordfriesland. Gemeinschaftlich und ehrenamtlich kommen auf dem Open Air „jung und alt, Menschen aus Stadt und Land“ auf Konzerten, in Workshops und Panels zusammen und binden dabei auch soziokulturelle Akteure der Region ein.

Problem

Die ländliche Region nahe der deutsch-dänischen Grenze ist stark vom Nordsee-Wetter geprägt. Auch der Auf- und Abbau sowie die Veranstaltungstage unterliegen diesen Einflüssen. „Während es im Rest Deutschlands überall um die 30 Grad waren, hatten wir hier eher 22 Grad – und abends braucht es zumeist immer einen Pullover“, berichtet Fabian Schmitt, Veranstalter und Produktionsleiter. Das Skandaløs nutzt für die Veranstaltung Flächen der Gemeinde, sowie umliegende landwirtschaftliche Flächen, die kaum bis keine bestehende Infrastruktur bieten. Schutz vor Sonne und Regen muss daher selbst organisiert und finanziert werden. Seit 2011 haben die Veranstaltenden unterschiedlichste Wettererfahrungen gesammelt – und die Herausforderungen nehmen zu. So wurde das Festival in 2017 von viel Regen geprägt und in 2022 von einer Hitzewelle getroffen. In 2024 kamen diese Extremwetter dann aber zusammen und die Starkregenereignisse wechselten sich mit extremer Hitze ab. Diese Extremwetterereignisse, insbesondere Gewitter stellen dabei auch für die Besucher:innen eine gewisse Gefährdung dar.

Lösungsansatz

Seit 2015 erstellen die veranstaltenden ein umfassendes Sicherheitskonzept, da der Schutz von Helfenden und Besuchenden höchste Priorität hat. Dieses Konzept beinhaltet unter anderem die kontinuierliche Überwachung der Wettervorhersagen, enge Absprachen mit den örtlichen Rettungs- und Einsatzkräften, sowie Räumungspläne bei heftigen Windstärken. Dabei wird immer geprüft, ob das Wetter lediglich unangenehm oder potenziell gefährlich ist, um das kulturelle Erlebnis und die Menschen vor Ort bestmöglich sichern zu können.

Unabhängig von aktuellen Wettersituation werden präventiv Rettungswege mit ausgelegt, um die Zufahrt für Fahrzeuge sicherzustellen. Auch auf dem 6 Hektar großen Camping-Areal und den Parkflächen werden Bodenplatten für Fahrstraßen vorgehalten und bei Bedarf ausgelegt. Die Camping-Fläche wurde in 2024 drainagiert. Dazu wurden 60-80cm tiefe Plastikrohre in den Boden eingelassen, die starken Regen aufsaugen und in die umliegenden Gräben ablaufen lassen. Weitere Wege auf dem Veranstaltungsgelände werden mit Rindenmulch befestigt.

Mit den Jahren hat sich die Anzahl der fliegenden Bauten auf dem Gelände stetig erhöht und schafft damit zusätzlichen Regen- und Sonnenschutz.

Kontinuierlich wird auch der Zugang zu Trinkwasser verbessert. Das Motto lautet hier: Niemand sollte weiter als 200 Meter laufen, um zur nächsten Wasserstation  zu gelangen.

Die Arbeitszeiten der Helfenden werden je nach Wetterlage verlagert und insbesondere bei Hitze in die Morgen- und Abendstunden gelegt, Pausen eingeplant und zusätzliche Schattenplätze geschaffen.

Dem Team wird Sonnencreme zur Verfügung gestellt, die Ehrenamtlichen helfen sich dabei immer wieder auch gegenseitig aus.

Die Kommunikation mit Helfenden und Publikum wird intensiv gepflegt. Alle werden regelmäßig daran erinnert, auf ihren eigenen Schutz zu achten.

Die aktuellen Wetterinformationen werden, wenn notwendig, in den sozialen Medien thematisiert und Handlungsempfehlungen (Sonnenschutz/Regenjacke) ausformuliert.

Herausforderungen

Maßnahmen wie der Aufbau zusätzlicher Wasserstationen sind nicht spontan einzurichten. Materialien müssen beschafft und Wasserproben durchgeführt werden. Zudem ist nur ein einziger Anschluss an das Wassernetz gegeben. Der Wasserdruck auf der Fläche lässt sich also nicht erhöhen; er wird durch die Zunahme der Wasserstellen an den einzelnen Wasserhähnen reduziert. Diese Erfahrungen wurden insbesondere während der zweiwöchigen Hitzewelle im Jahr 2022 gesammelt.

Zelte ab einer Größe von 75 Quadratmetern müssen vom Bauamt abgenommen werden. Sie benötigen eine Ausfuhrgenehmigung samt statischer Berechnung und aufgrund der Küstennähe eine Zulassung für die Windlastzone 4. Das Angebot regionaler Anbieter ist damit begrenzt.
Für kleinere Zelte, die von dieser Pflicht ausgenommen sind, ist die Sicherheitsabnahme durch die Veranstaltenden besonders wichtig. Hier ist eine doppelte Absicherung durch zusätzliche Erdnägel ratsam, damit diese bei starken Windböen nicht abheben.

Die unterschiedlichen Anforderungen an das Wetter beeinträchtigen sich gegenseitig: Schnell aufgebaute Sonnensegel werden bei zunehmender Windstärke schnell zum Problem.

Als Privatunternehmen ist das Festival bei Inanspruchnahme der Rettungs- und Einsatzkräfte zur Zahlung verpflichtet, wenn es sich nicht um einen Katastrophenfall handelt. Diese Regelung macht Sinn, ist aber im Fall des ehrenamtlich organisierten Festivals eine Herausforderung. Die Bestimmungen und Gebühren hierzu werden auf kommunaler Ebene geregelt und können somit von Region zu Region unterschiedlich sein.

Bilanz

Ein gutes, schnell handelndes Team und breite Kommunikation sorgen dafür, dass die Situationen den Umständen entsprechend gut gelöst werden können. Dennoch wird deutlich, dass zukünftig in sehr kurzen Zeiträumen mit Wetterphänomenen aller Art gerechnet und geplant werden muss. 2024 folgten auf zwei Tage extreme Hitze zwei Tage mit Regen und Gewitter, an die sich wiederum drei Tage Hitze anschlossen. Das setzt das Team des Skandaløs nicht nur vor organisatorische, sondern auch monetäre Herausforderungen. Denn es gilt: Extremwetter erfordert schnelles Handeln und beansprucht das Material stark.

Vision

Es wäre wünschenswert, wenn Veranstaltende in Netzwerken vermehrt ihr Wissen und ihre Erfahrungen tauschten. Materiallager zur gemeinschaftlichen Nutzung wären hilfreich, um Kosten und Lagerflächen zu verringern.

Zukünftig wäre auch die Vergabe von Sonnenschutz an die Besuchenden erstrebenswert. Wichtig wären dann natürlich, dass es Stationen gibt, die die Verteilung von Sonnencreme aus Großgebinden ermöglicht – um die Mengen an Verpackungsmaterial zu reduzieren.

Es ist wesentlich, Open Air Veranstaltende mit den Herausforderungen von Starkwetterereignissen nicht allein zu lassen und sie künftig, beispielsweise in Form eines Klimafonds, zu unterstützen.

Mit Rindenmulch und Bodenplatten ausgelegte Wege
Foto: Kaike Tappe
Schnelle Trinkwasserversorgung hilft bei extremer Hitze.
Foto: Kaike Tappe

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